Die Diskussion in Sozialen Medien und Zeitungen reichen vom Vorwurf der Unterwürfigkeit bis hin zur Rechtfertigung als gutes Benehmen. Von "Kneissls Kniefall vor Putin" schrieb etwa die Zeitung "Österreich".
Vizekanzler und FPÖ-Chef Heinz-Christian Strache verteidigte die parteiunabhängige Ministerin, die von seiner Partei nominiert worden war. "Manche Journalisten sollten einmal den Knigge lesen", kritisierte er auf Facebook. "Außenministerin Karin Kneissl hat jedenfalls die Ellmayer-Schule (höflicher Knicks von ihr nach dem Tanz, der russische Präsident hat sich im Gegenzug verbeugt) besucht und weiß, was sich gehört. Tanzende Hochzeits-Diplomatie, mit Höflichkeit, Freundlichkeit und gutem Benehmen, besser kann man Österreich nicht vertreten!"
"Knicks am Tanzende gehört dazu"
Thomas Schäfer-Elmayer, Chef der Wiener Tanzschule Elmayer, bestätigte gegenüber mehreren Medien, dass ein Knicks am Ende des Tanzes dazugehört. "Bei jeder Ballveranstaltung machen Damen vor ihrem Partner einen Knicks - das tiefe Kompliment", sagte Elmayer. Das sei ganz normal, auch bei der Quadrille am Opernball. Auf die Frage, ob er sich einen Knicks auch von Deutschlands Kanzlerin Angela Merkel vor Putin vorstellen könne, meinte er aber: "Nein".
In sozialen Netzwerken gingen die Wogen dennoch hoch. Unterwürfigkeit vor Putin wurde Kneissl vorgeworfen, oder auch Unbedarftheit. Der linke Publizist Robert Misik etwa meinte auf Twitter: "Wie unprofessionell kann man als Außenministerin sein, Bilder zu produzieren, die einen kniend vor Putin zeigen? Auch wenn's nur ein lustiger Knicks nach einem Tanz ist, das weiß man doch, dass man solche Bilder nicht produzieren darf."
"Eine merkwürdige Idee"
Für Tschechiens Ex-Außenminister Karel Schwarzenberg ist die Einladung des russischen Präsidenten Putin zur Hochzeit von Außenministerin Kneissl angesichts der Regierungsführung des Kremlchefs "eine merkwürdige Idee". Man wisse über die Rechtlosigkeit, die Morde und die autoritäre Herrschaft unter Putin Bescheid, sagte er der Tageszeitung "Der Standard". "Wenn sie (Kneissl, Anm.) politisch denken würde, hätte sie ihn nicht zu so einer privaten Veranstaltung eingeladen. Aber er hat sofort politisch gedacht und die Einladung angenommen, weil er so Normalität demonstrieren kann", kommentierte der ehemalige Präsident der Internationalen Helsinki-Föderation für Menschenrechte. In dieser Funktion setzte er sich für die Einhaltung der Menschenrechte in den Ostblockstaaten ein.
Putin habe die Gelegenheit ergriffen, seinen Charme und seine "menschliche Seite" zu zeigen, so Schwarzenberg. Er sieht darin die Absicht, "Dinge wie den verdeckten Krieg in der Ostukraine, die Annexion der Krim, den Propagandakrieg gegen den Westen, die Unterstützung des syrischen Diktators Assad und den Abschuss der malaysischen Passagiermaschine mit einer russischen Rakete vergessen zu machen."
Es sei richtig, dass man mit jeder russischen Regierung den Kontakt aufrechterhalten müsse, räumte der ehemalige tschechische Außenminister ein. "Aber es ist etwas anderes, wenn man zum intimsten familiären Ereignis jemand wie Putin einlädt." Kneissl habe ihren persönlichen Ehrgeiz die Oberhand bekommen lassen, kommentierte er laut "Standard". Seiner Ansicht nach wird Österreich daran Schaden nehmen, da das Land dadurch als "unsicherer Kantonist in der EU angesehen" werde.
Widerspruch zur Russland-Politik der Union
Auch der ehemalige österreichische Spitzendiplomat Wolfgang Petritsch sieht in dem Tanz von Kneissl mit Putin einen Widerspruch zur Russland-Politik der Union. Wenn man bei den EU-Sanktionen gegen Russland mitstimme, dann sei so eine Vermischung von Privatheit und Öffentlichkeit gegen Österreich und auch gegen die EU gerichtet, wird Petritsch im "Standard" zitiert.
Auf dem Video, das der russische Fernsehsender "Russian Today" zeigte, war zu sehen, wie der Bräutigam Wolfgang Meilinger seine Frau an Putin zum Tanz weiterreichte. Kneissl und Putin tanzten. Am Ende machte die Ministerin einen tiefen Knicks. Auch die Ansprache Putins ist auf dem Video verewigt. In Russland sage man "lieber spät als nie", so der Präsident in deutscher Sprache. Er sprach das Brautpaar für den Anlass ungewöhnlich förmlich an: "Sehr geehrte Frau Kneissl, sehr geehrter Herr Meilinger". Und Putin betonte: Es sei ihm eine große Freude, "das gastfreundliche Österreich wieder einmal besuchen zu dürfen".