NATO-Generalsekretär Jens Stoltenberg sieht bisher keinen Anlass, sich in den eskalierenden Streit zwischen den Bündnispartnern USA und Türkei einzuschalten. "Das ist eine bilaterale Angelegenheit, und die NATO ist da nicht involviert", sagte eine Sprecherin am Montag in Brüssel.
Sie zeigte sich zudem zuversichtlich, dass die Auseinandersetzung keine Gefahr für den Zusammenhalt des Bündnisses darstellt. "Es kommt vor, dass NATO-Verbündete Meinungsverschiedenheiten haben", sagte sie. Was das Wesentliche angehe, hätten die Alliierten bisher aber immer Einigkeit demonstriert. Dazu gehörten der gegenseitige Schutz und das Zueinanderhalten.
Grund für die schlechten Beziehungen zwischen den USA und der Türkei ist unter anderem der Streit über einen amerikanischen Pastor, der in der Türkei wegen Terrorvorwürfen festgehalten wird. Am Freitag hatte US-Präsident Donald Trump deswegen verkündet, Strafzölle auf Stahl- und Aluminiumimporte aus der Türkei zu verdoppeln. Daraufhin kam es zu einem dramatischen Wertverfall der türkischen Währung Lira.
Weitere Kursverluste gab es nach Reden des türkischen Staatspräsidenten Recep Tayyip Erdogan. Er sprach am Wochenende von "Kampagnen" gegen die Türkei sowie einem "Wirtschaftskrieg" und warf den USA Respektlosigkeit vor. Er drohte ferner damit, "nach neuen Freunden und Verbündeten zu suchen".
Wie die NATO zeigte sich am Montag auch die EU-Kommission zurückhaltend. "Wir sind uns bewusst, dass die Entwicklung der türkischen Lira möglicherweise auch Auswirkungen auf europäische Banken haben könnte", sagte ein Sprecher lediglich. Die Kommission verfolge die Entwicklungen auf den globalen Märkten sehr genau. Einzelne Marktbewegungen werde man aber wie gewohnt nicht kommentieren.
"In den Rücken gefallen"
Der türkische Präsident warf dem NATO-Partner USA indes vor, seinem Land in den Rücken zu fallen und spricht vom "Verrat des strategischem Partners". Er kündigte an, die Beziehungen zu anderen Ländern auszubauen.
Erdogan rechnet mit weiteren Angriffen auf die Wirtschaft seines Landes. Zugleich versichert er, dass die unter Druck geratene Lira wieder auf ein vernünftiges Niveau klettern werde. Grund für den drastischen Verfall der türkischen Währung sei eine Verschwörung und weniger wirtschaftliche Fundamentaldaten, sagte Erdogan am Montag. Das Verbreiten von falschen Nachrichten käme Verrat gleich.
Deutschland besorgt
Die deutsche Bundeskanzlerin Angela Merkel hat vor einer Destabilisierung der Türkei gewarnt. "Deutschland möchte eine wirtschaftliche prosperierende Türkei. Das ist auch in unserem Interesse", sagte Merkel am Montag in Berlin mit Blick auf die Währungsprobleme des Landes. "Niemand ... hat ein Interesse an einer wirtschaftlichen Destabilisierung der Türkei."
Zugleich mahnte Merkel: "Aber es muss natürlich alles getan werden, damit zum Beispiel eine unabhängige Notenbank arbeiten kann." Hintergrund sind Bedenken, dass die türkische Regierung der türkischen Notenbank Vorschriften über die Geldpolitik machen könnte. Die Kanzlerin betonte, dass die EU davon profitiere, wenn sie von stabilen Ländern umgehen sei. "Dazu müssen entsprechende Beiträge geleistet werden."