In Katalonien nähert sich der erste Jahrestag des Unabhängigkeitsreferendums vom 1. Oktober 2017 und die Separatisten suchen erneut internationale Aufmerksamkeit für ihr Anliegen. Vom 11. September, dem katalanischen Nationalfeiertag mit seinen traditionellen Massendemos für die Loslösung von Spanien, bis zum 3. Oktober wollen sie Barcelona komplett lahmlegen.
Am 3. Oktober wurde in Katalonien vor einem Jahr ein Generalstreik durchgeführt, um gegen die Polizeigewalt während der Unterdrückung des illegalen Unabhängigkeitsreferendums zu protestieren.
Hinter den geplanten Protestmaßnahmen stehen mehrere separatistische, vor allem linksradikale Aktivistengruppen sowie die bereits berühmt-berüchtigten Komitees zur Verteidigung der Republik (CDR). Als Vorbild nehmen sie die jüngsten Taxi-Streiks, die Barcelona Ende Juli komplett lahmlegten. Sie wollen die Hauptverkehrsstraßen, aber auch die Umgehungs-Autobahnen um die katalanische Mittelmeermetropole blockieren.
Auch Flughafen dicht gemacht
Auch die Zufahrtsstraßen zum internationalen Flughafen und zum Hafen und Kreuzfahrthafen sollen dichtgemacht werden. Damit die Polizei die vorgesehenen Protestcamps auf den Straßen nicht einfach abreißen und die Proteste auflösen kann, wollen die Separatisten die Straßen wie die Taxifahrer mit Autos blockieren.
Geplant sind zudem Straßenspeeren und Protestaktionen an der spanisch-französischen Grenze für LKWs. "Ärgern wir Europa und seine wirtschaftlichen Interessen, damit man uns Aufmerksamkeit schenkt", lautet das Motto der Protestgruppen in ihrem Internet-Aufruf.
"Die Politiker sind gescheitert"
Politische Parteien, die separatistische Regionalregierung, aber auch die bekannten politisierten separatistische Bürgerplattformen ANC und Omnium Cultural wurden bisher nicht eingeladen, sich explizit an der Organisation zu beteiligen. "Die Politiker sind schon vor einiger Zeit gescheitert und sind mehr am Machterhalt interessiert. Wir müssen beginnen, die spanische Wirtschaft anzugreifen", erklären die Veranstalter.
Barcelona ist neben Madrid Spaniens wichtigste Wirtschaftsmetropole, und Katalonien gehört immer noch zu den wirtschaftlich bedeutendsten Autonomien Spaniens. Damit die Protestcamps und Straßenblockaden nicht im Vorfeld von der Polizei unterbunden werden kann, wolle man mit einer kleinen Organisationsgruppe arbeiten.
Jahrestag des Referendums
Am 1. Oktober 2017 wurde in Katalonien mit Unterstützung der separatistischen Regionalregierung von Carles Puigdemont ein vom Verfassungsgericht verbotenes und von Polizeigewalt begleitetes Referendum über die Loslösung Kataloniens von Spanien durchgeführt. Eine überwältigende Mehrheit von 90 Prozent stimmte für die Unabhängigkeit. Doch beteiligte sich nur 42,3 Prozent der wahlberechtigten Katalanen. Das entspricht ungefähr dem Prozentsatz, der heuer in Katalonien für die Loslösung ist.
Trotz der geringen Wahlbeteiligung nahm die Regierung von Carles Puigdemont das Abstimmungsergebnis als Auftrag Mitte Oktober Kataloniens Unabhängigkeit auszurufen. Die spanische Zentralregierung von Mariano Rajoy setzte daraufhin die Autonomiestatus Kataloniens aus, die Regionalregierung ab und stellte die Region unter Zwangsverwaltung. Puigdemont und viele seiner Minister flüchteten ins Ausland ins Exil. Andere sitzen seitdem unter dem Vorwurf der Rebellion in Untersuchungshaft.
Manuel Meyer/APA