Nach der Kritik von Bundespräsident Alexander Van der Bellen an Aussagen von FPÖ-Generalsekretär Harald Vilimsky über EU-Kommissionspräsident Jean-Claude Juncker bleibt das Bundeskanzleramt weiter in Deckung. Auch am Donnerstag hieß es: "Kein Kommentar". Vilimsky legte in einem Interview mit dem ORF bei Van der Bellen noch nach und attestiert dem Bundespräsidenten, "auf einem Auge völlig blind" und ein "frustrierter Grüner" zu sein.
Kritik am Schweigen des Bundeskanzlers kam unterdessen von Irmgard Griss. "Für diesen neuen Stil wurde Sebastian Kurz nicht gewählt. Sebastian Kurz hat als Bundeskanzler die Pflicht, sich zum Stil seines Koalitionspartners zu äußern", sagte die frühere Kandidatin für das Bundespräsidentenamt und ehemalige Höchstrichterin. Griss kandidierte 2017 bei der Nationalratswahl für die Neos und ist heute Abgeordnete.
EU-Kommissionspräsident Jean-Claude Juncker zeigt sich angesichts der Debatte um die Attacken von FPÖ-Generalsekretär Harald Vilimsky in einer EU-Fragestunde erheitert: "Ich wundere mich, wie viele medizinische Experten für Ischias es in Österreich gibt". Er habe bei dem viral gegangenen Video vom Nato-Gipfel vergangene Woche, auf das sich Vilimsky bezogen hatte, unter einem akuten Ischias-Anfall und Beinkrämpfen gelitten. Und weiter: "Ich sage mit Lichtenberg, 'auf euren Kleinkram lach' ich, Philosoph aus heit'rer Höhe". (Im Video)
In der ZiB 24 diskutierten Journalisten darüber, ob Bundespräsident Van der Bellens Kritik an Vilimskys "unflätiger" Kritik gerechtfertigt war . Michael Jungwirth von der Kleinen Zeitung erklärte, es habe Van der Bellen "einfach gereicht. Vor allem, dass die Regierung bis jetzt schweigt."
Esther Mitterstieler von News sagte: "Ich hätte mir eher gewünscht, dass der Kanzler etwas dazu sagt." Vilimskys Vorwurf, Van der Bellen sei ein "frustrierter Grüner", sei für sie eine Frage des Benehmens, besser gesagt, von fehlendem Benehmen.
Zum Schweigen des Kanzlers erklärte Michael Jungwirth, dies sei "das Ergebnis einer seltsamen Koalitionslogik. Ich denke, dass der Herr Kurz noch immer das Trauma der alten Regierungen" vor Augen habe, die sich immer via Medien etwas augerichtet hätten und oft daran zerbrochen seien.
In der Causa Juncker-Vilimsky meldete sich als erste österreichische Ministerin Wirtschaftministerin Margarete Schramböck im Interview mit der Kleinen Zeitung zu Wort: „Natürlich ist es nicht hilfreich, wenn wir nicht Sachpolitik machen. Wir arbeiten gut zusammen mit der Kommission und dem Parlament, gerade jetzt während der Ratspräsidentschaft. Karas hat eindeutig reagiert als unser Vertreter in Brüssel. Dem was er gesagt hat, ist nichts hinzufügen."
Der Rest ist Schweigen
Ansonsten hüllt sich die Bundesregierung bisher zu den Angriffen von Harald Vilimsky in Schweigen - sehr beredt - was Bundespräsident Alexander Van der Bellen wie berichtet scharf kritisierte.
Die FPÖ beantwortet die Kritik von Bundespräsident Alexander Van der Bellen unterdessen mit einer Attacke gegen das Staatsoberhaupt. Der zweite FPÖ-Generalsekretär Christian Hafenecker warf am Mittwoch Van der Bellen Einseitigkeit vor und fordert ihn zur Rückkehr zur Überparteilichkeit auf. Vilimsky legte in einem Interview mit dem ORF bei Van der Bellen noch nach und attestiert dem Bundespräsidenten, "auf einem Auge völlig blind" und ein "frustrierter Grüner" zu sein.
"Zweierlei Maß"
Es stehe Van der Bellen selbstverständlich zu, Kritik zu üben, aber derart einseitig habe zuletzt Thomas Klestil das Bundespräsidentenamt wahrgenommen. Van der Bellen solle seine "grüne Sommerbrille" wieder abnehmen und zur "notwendigen Ausgewogenheit" zurückkehren", forderte Hafenecker in einer Aussendung. So wie die Kritik Vilimskys an Juncker in einer Demokratie erlaubt sei, könne selbstverständlich auch der Bundespräsident seine persönliche Meinung kundtun, aber es dürfe sicherlich nicht mit zweierlei Maß gemessen werden, meinte Hafenecker.
Der FPÖ-Generalsekretär führte in der Aussendung einige Beispiele für die seiner Meinung nach gegebene Einseitigkeit Van der Bellens an: "Wo war der Bundespräsident die letzten Wochen als Gewerkschafter zum Sturz der Regierung aufgerufen haben? Als die SPÖ vom Ständestaat gesprochen hat? Die Regierung als Arbeiterverräter beschimpft wurde? Austrofaschismus von SPÖ-Chef Kern vorgeworfen wurde? Und wo blieb die Rüge des Bundespräsidenten als Abgeordneten der Regierungsparteien Pflastersteine und Grablichter von der Gewerkschaftsjugend vor deren privaten Türen hingelegt wurden?"
Vilimsky hatte Juncker zum Rücktritt aufgefordert und ihm ein Alkoholproblem unterstellt, weil er beim NATO-Gipfel gestrauchelt war. Die EU-Kommission hatte die Vorwürfe entschieden zurückgewiesen und betont, dass der seit Jahren an Rückenproblemen leidende Juncker einen akuten Ischias-Krampf gehabt habe.