Die Polizei in Helsinki hat Urlaubssperre; fieberhaft werden im Präsidentenpalast letzte Vorbereitungen getroffen und die Zimmerpreise in der Stadt haben sich verdreifacht: Heute zu Mittag kommen Russlands Präsident Wladimir Putin und US-Präsident Donald Trump in der finnischen Hauptstadt zu ihrem ersten vollwertigen Gipfeltreffen zusammen.
Bisher sind die beiden Staatsoberhäupter einander zwei Mal persönlich für Small-Talk-Treffen begegnet, stets am Rande anderer Gipfel wie des G7-Treffens in Hamburg. In Helsinki, das sich gegenüber Wien als Verhandlungsort durchsetzen konnte, soll es nun ernsthaft an die Arbeit gehen. In Finnland nimmt man den Zuschlag als Vertrauensbeweis der Großmächte. 1975 war hier bereits mit der Unterzeichnung der KSZE-Schlussakte die größte Annäherung im Kalten Krieg erzielt worden. In Helsinki haben sich schon Präsident Gerald Ford und Generalsekretär Leonid Breschnew, die Präsidenten George Bush und Michail Gorbatschow, Bill Clinton und Boris Jelzin getroffen.
Neustart der zerrütteten Beziehungen?
Wenn alles gut geht, werden Trump und Putin nun in der Stadt am Finnischen Meerbusen einen Neustart der einigermaßen zerrütteten Beziehungen zwischen Ost und West einleiten. Nach dem Giftanschlag auf den Ex-Spion Skripal mit der wechselseitigen Diplomaten-Ausweisung, wegen der Kriege in der Ukraine und in Syrien und nicht zuletzt wegen des Verdachts, Russland könnte sich in den US-Wahlkampf eingemischt haben, hatten die Beziehungen zuletzt einen Tiefpunkt erreicht.
Zum Auftakt soll es ein Vier-Augen-Gespräch geben, an dem nur Dolmetscher teilnehmen. Anschließend sind drei Arbeitssitzungen in größerem Kreis geplant. Die USA bemühten sich, die Erwartungen niedrig zu halten. Sicherheitsberater John Bolton wollte sich nicht festlegen, ob überhaupt eine Schlusserklärung angestrebt wird. In zentralen Streitpunkten, etwa bei den Sanktionen gegen Russland, kann Trump im Alleingang, ohne Zustimmung des Kongresses, gar kein Entgegenkommen versprechen.
Russische Seite zuversichtlich
Die russische Seite zeigt dennoch Zuversicht: Kreml-Berater Juri Uschakow sprach gar vom „Polit-Ereignis“ dieses Sommers. Langzeit-Herrscher Wladimir Putin, der mit Trump nach Bill Clinton, George Bush und Barack Obama bereits den vierten US-Präsidenten als Gegenüber hat, scheint sehr konkrete Vorstellungen davon zu haben, was besprochen werden soll. Der Kreml hat Medienberichten zufolge eine zweiseitige Wunschliste ins Weiße Haus geschickt, die mögliche Gesprächsthemen anführt. „Das wahrscheinlichste Ergebnis“, meinte der frühere US-Spitzendiplomat Frank Rose, „ist ein Neustart der blockierten Gespräche über strategische Stabilität.“
Dies wäre eines der Hauptanliegen der russischen Seite und umfasst Fragen zur Rüstungsbeschränkung bis zur Nichteinmischung in innere Angelegenheiten. Beide Staatschefs hatten sich zuletzt mit der Stärke ihres Atomwaffenarsenals gebrüstet. Jeder Schritt, der einem Wettrüsten Einhalt gebietet, wäre sinnvoll. Trump braucht aus innenpolitischen Gründen eine Zusicherung Putins, sich nicht in Wahlkämpfe einzumischen. Mehr als eine Floskel, dass Moskau dies bisher nicht getan habe und künftig nicht vorhabe, wird er wohl kaum bekommen.
Erwartet wird, dass Trump, sollte die Chemie zwischen den beiden stimmen, beim Abzug von Diplomaten zurückrudern könnte. Die Europäer fürchten, der impulsive Amerikaner könnte dem Kreml-Chef im Vier-Augen-Gespräch zu sehr entgegenkommen. Die Balten bedrückt, Trump könnte sie künftig bei Abschreckungsmanövern gegenüber dem russischen Nachbarn im Stich lassen. Dies wäre ein großer Erfolg für Putin und ein Katastrophen-Szenario für die Nato.