Die EU-Staaten sind sich doch noch über die Aufnahme von Beitrittsverhandlungen mit Mazedonien und Albanien einig geworden. Die EU will Juni 2019 die konkreten Gespräche starten. Dies soll aber unter Bedingungen erfolgen, welche beide Länder noch erfüllen müssten, sagte EU-Minister Gernot Blümel (ÖVP) am Dienstag nach den Beratungen in Luxemburg.
Beschluss stand an der Kippe
Der EU-Beschluss stand kurz vor dem Scheitern, nachdem zunächst Frankreich, die Niederlande und Dänemark ihr Veto eingelegt hatten, es kam sogar zu Schreiduellen. Nach Angaben von EU-Diplomaten lautet die Formulierung, die letztlich vereinbart wurde: "Der Rat der EU vereinbart, den Weg zur Eröffnung von Beitrittsverhandlungen im Juni 2019 abzustecken." Letztlich habe Luxemburgs Außenminister Jean Asselborn einen Kompromiss mit vermittelt, hieß es. Auch Blümel habe auf Beitrittsverhandlungen gedrängt.
Blümel begrüßte die Entscheidung der EU-Europaminister als "starkes Signal" für die europäische Perspektive der Westbalkan-Staaten. Die EU-Kommission sei beauftragt worden, die Vorarbeiten für Beitrittsverhandlungen 2019 einzuleiten.
EU-Erweiterungskommissar Johannes Hahn reagierte ebenfalls erleichtert. Die Entscheidung sei "eine Frage der Glaubwürdigkeit der EU", betonte Hahn in Anspielung auf die erreichten Reformen und Bedingungen, etwa, dass Mazedonien mit Griechenland eine Einigung im Namensstreit erzielt habe. "Wenn die Länder liefern, müssen auch wir liefern", betonte Hahn.
"Zug in Richtung Europa umkehrbar"
"Natürlich müssen bestimmte Bedingungen erfüllt sein", sagte Blümel. Es gehe um das weitere Monitoring, die weiteren Berichte der EU-Kommission, "ob dieser Zug Richtung Europa auch unumkehrbar fährt". Es sei aber klar, dass die Länder am Westbalkan durch diese EU-Einigung eine klare Beitrittsperspektive haben. Das Monitoring gelte für beide Länder.
"Das ist ein schöner Erfolg und ein richtiges Zeichen für die Staaten am Westbalkan", sagte Blümel. Die Staaten hätten sich dies verdient. Es gehe auch darum, die Lösung zwischen Mazedonien und Griechenland im Namensstreit zu würdigen und die Einigung nicht zu zerstören.
Prinzipiell sehe die EU positiv, was Albanien und Mazedonien bereits erreicht hätten. Beide Länder könnten die Beitrittsgespräche im nächsten Jahr beginnen, sofern diese weitere Fortschritte erreichen.
Eine Mehrheit von 25 EU-Staaten sei zunächst für die Aufnahme solcher Gespräche bis Juni 2019 gewesen, sagte der griechische Außenminister Nikos Kotzias zu Mittag. Frankreich, die Niederlande und Dänemark hätten dies jedoch zunächst blockiert.
"Es hat Skepsis gegeben, ob die Fortschritte ausreichend sind", sagte Blümel. Aus österreichischer Sicht seien sie ausreichend, weil auch die EU-Kommission dies klar dargelegt habe. Österreich sei sehr dafür, dass während seiner EU-Ratspräsidentschaft die Beitrittsgespräche beginnen. "Das könnte sich jetzt um ein halbes Jahr vielleicht verzögern." Weitere Verhandlungskapitel sollten aber auch mit Serbien und Montenegro eröffnet werden. Dies seien Signale, die der Westbalkan für weitere Reformen brauche.
Ein Streit um die EU-Schlussfolgerungen zur Türkei, die ebenfalls noch offizieller EU-Beitrittskandidat ist, ist weitgehend entschärft. Es gebe die klare Botschaft, dass sich die Türkei wegbewegt habe von Europa und dass dadurch "ein Einfrieren der Situation stattgefunden hat", sagte Blümel.
Derzeit Verhandlungen mit Serbien und Montenegro
Die EU verhandelt derzeit mit Serbien und Montenegro über einen Beitritt. Die seit 2005 laufenden Gespräche mit der Türkei sind de facto zum Erliegen gekommen. Die EU-Kommission hat im April den Start von Beitrittsverhandlungen mit Mazedonien und Albanien empfohlen. Die Entscheidung darüber müssen die EU-Staaten einstimmig treffen.
Wegen der stundenlangen Diskussionen über die EU-Erweiterung verschob sich am Dienstag die Anhörung Polens im EU-Rechtsstaatsverfahren. Blümel betonte, Österreich werde während seiner EU-Ratspräsidentschaft den Empfehlungen der EU-Kommission folgen.
Ob unter Österreichs Vorsitz bereits über einen schwerwiegenden Grundrechtsverstoß Polens abgestimmt werde, hänge davon ab, wie lange die Anhörung dauere, wie gut die Fragen beantwortet werden, und was die EU-Kommission letztendlich sage. "Das ist zum jetzigen Zeitpunkt noch nicht klar zu sagen." Blümel erwartet nicht, dass dies mit einer Sitzung beendet wird.