Hat der Appell von Präsident Recep Tayyip Erdogan an die Auslandstürken, unbedingt wählen zu gehen, Wirkung gezeigt? Oder konnte die Opposition die Wähler mobilisieren?

Fakt ist: Fast 51,8 Prozent der Türken, die in Österreich leben, nahmen die Gelegenheit wahr, bis Dienstag ihre Stimme bei den vorgezogenen Präsidenten- und Parlamentswahlen abzugeben. Damit liegt die Wahlbeteiligung noch einmal etwas höher als beim türkischen Verfassungsreferendum im April des vergangenen Jahres.

Ihre Stimme - gegen Erdogan - hätten auch Universitätsprofessor Erol Yildiz (58) sowie Unternehmer Ümit Baran (30) abgegeben. Beide waren jedoch nicht wahlberechtigt: „Ich musste meinen türkischen Pass abgeben“, sagen sie unisono. Yildiz, der 2008 als Lehrender an die Universität Klagenfurt kam, hat einen deutschen Pass. Er glaubt an eine Veränderung in der Türkei: „Ich bin positiv optimistisch und erwarte mir die Abwahl Erdogans.“

Seiner Meinung nach „lief es in den letzten zwei Jahren ökonomisch nicht gut. Auch die geführten Kriege wurden in der Bevölkerung nicht positiv wahrgenommen.“ Es gehe in eine autoritäre Richtung: „Ein Sieg Erdogans wäre dramatisch, er bekäme noch mehr Macht.“

Baran, der ebenfalls seit zehn Jahren in Klagenfurt lebt, hat mittlerweile die österreichische Staatsbürgerschaft. Für ihn wäre der inhaftierte Kurdenpolitiker Selahattin Demirtas der ideale Präsident: „Er ist sympathisch und steht für Menschenrechte und Freiheit.“ Erdogan hingegen repräsentiere nicht die Vielfältigkeit des Landes. Und: „Das Land ist politisch, ökonomisch und sozial gespalten.“

Seine Familie lebe - so wie jeder, der politisch tätig ist - in Angst: „Ich bin oft in der Türkei und jedes Mal bin ich gespannt, ob sie mich bei der Einreise aufgrund meiner Kritik verhaften.“

Das Land brauche Ausbildung, Technologie, Fortschritt, keine Autobahnen und Flughäfen: „Erdogan ist nicht wählbar. Ohne Wahlmanipulation gibt es Hoffnung für seine Abwahl.“