Wie viele Flüchtlinge kommen zurzeit nach Deutschland?
In den ersten vier Monaten dieses Jahres haben in Deutschland laut Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (Bamf) insgesamt 64.000 Menschen Asylanträge gestellt. Davon waren 56.127 Erstanträge und 7.845 Folgeanträge, die Asylbewerber zum Beispiel stellen können, wenn sie bereits einen negativen Bescheid erhalten haben. Diese Menschen befinden sich in der Regel bereits länger im Land. Die meisten Erstanträge stellten Menschen aus Syrien (14.296), Irak (5.829) und Nigeria (3.772).
Ist das viel?
Im Vergleich zum Vorjahreszeitraum bedeutet das bei den Erstanträgen einen Rückgang um rund 17 Prozent. Der Trend nach unten zeigt sich auch deutlich im Jahresvergleich: Registrierte das Bamf 2016 – nach dem Höhepunkt der Flüchtlingskrise im Herbst 2015 – das Allzeithoch von 745.545 Asylanträgen (Erst- und Folgeanträge), sank die Zahl 2017 um rund 70 Prozent auf 223.000 Anträge. Das ist mehr als in den meisten Jahren seit 2000 (Tiefpunkt: 30.100 Anträge 2006), entspricht aber ungefähr dem Schnitt in den 90er-Jahre (Höhepunkt: 438.000 Anträge in 1992). Auch in der Europäischen Union insgesamt ist die Zahl der Asylbewerber rückläufig: Bereits von 2016 auf 2017 sank die Zahl der Asylanträge um 50 Prozent. In den ersten vier Monaten 2018 setzt sich dieser Trend nach Meldungen der Funke Medien Gruppe fort – im Vergleich zum Vorjahreszeitraum 2017 wurden nochmals 20 Prozent weniger Anträge gestellt.
Welche EU-Länder nehmen am meisten Flüchtlinge auf?
Deutschland registrierte nach dem am Montag erschienenen Jahresbericht der europäischen Asylbehörde Easo 2017 rund ein Drittel aller Asylsuchenden (rund 223.000 Anträge). Das ist fast doppelt so viel wie Italien (rund 129.000), Frankreich (100.000) und Griechenland (59.000). Aber: Während 2016 noch 58 Prozent aller in der EU eingereichten Asylanträge in Deutschland eingingen, waren es 2017 nur noch 31 Prozent.
Wie viele der eingereisten Flüchtlinge waren bereits in anderen Ländern registriert?
In diesem Jahr wurden bis Mitte Juni 18.349 Asylsuchende in Deutschland aufgenommen, die bereits in der europäischen Fingerabdruckdatei Eurodac erfasst waren, meldet die „Passauer Neue Presse“ unter Berufung das Innenministerium. Diese Asylbewerber hätten nach den geltenden Dublin-Regeln ihr Asylverfahren in dem Land durchlaufen müssen, in dem sie registriert worden waren. Bundesinnenminister Horst Seehofer (CSU) will sie in Zukunft an der deutschen Grenze abweisen. Aber: Nicht alle Staaten registrieren alle Asylsuchenden, sondern lassen sie zum Teil in andere EU-Länder weiter reisen. In der Vergangenheit verfuhren zum Beispiel Italien, Ungarn und Österreich so.
Wie ist die Lage an der bayerischen Grenze?
An der bayerisch-österreichischen Grenze – 2015 eine der Hauptrouten – werden seit zwei Jahren wieder Schwerpunkt-Kontrollen durchgeführt. Seither ist die Zahl der illegalen Grenzübertritte stark zurückgegangen: Pro Monat wollten nur noch 150 Flüchtlinge die Grenze übertreten, zitiert der Evangelische Pressedienst einen Sprecher der Bundespolizei in Passau. 60 Prozent davon würden nach einer Befragung wieder zurück nach Österreich geschickt – zum Beispiel weil sie keine stichhaltigen Gründe für eine Einreise ohne Papiere nennen könnten.
Über welche EU-Länder reisen Flüchtlinge noch ein?
Mit Ausnahme von Österreich und der Schweiz hat die Bundespolizei einer „Spiegel“-Meldung zufolge 2017 an allen anderen Grenzen zu Nachbarländern mehr Menschen nach dem illegalen Grenzübertritt aufgegriffen als in 2016. Am höchsten ist demnach der Anstieg an der Grenze zu Dänemark. Nach Einschätzung von Experten handele es sich dabei vor allem um Asylbewerber, deren Anträge in Skandinavien abgelehnt wurden.
Wie viele Asylbewerber schickt Deutschland zurück in andere EU-Staaten?
Zurzeit prüfen die deutschen Behörden zuerst, ob die Zuständigkeit nach Dublin-Regularien bei einem anderen EU-Mitgliedsstaat liegt. Ist das der Fall, wird ein sogenanntes Übernahmeersuchen an den jeweiligen Staat gestellt. Im Gesamtjahr 2017 stellte Deutschland rund 64.000 Übernahmeersuchen an andere Staaten – vor allem an Italien (rund 23.000), Frankreich (4.400) und Ungarn (3.300). Insgesamt in andere EU-Staaten zurückgeschickt wurden lediglich 7.102 Menschen.
Und wie viele Asylbewerber werden zurück nach Deutschland geschickt?
Auch an Deutschland werden solche Ersuche gestellt, weil die Erstauffassung hier stattgefunden haben soll – 2017 waren das rund 27.000 Ersuche. In 8.754 Fällen stimmten die deutschen Behörden der Überstellung zu. Die Menschenrechtsorganisation Pro Asyl spricht von einem „Nullsummenspiel mit gigantischem Bürokratie-Aufwand“.
Annika Leister aus Berlin