Atempause im Asylstreit in Deutschland: Die CSU gibt der deutschen Kanzlerin Angela Merkel (CDU) im Streit über die Zurückweisung von Migranten eine Frist für eine europäische Lösung bis Ende Juni. Der CSU-Vorstand billigte am Montag einstimmig einen entsprechenden Vorschlag von CSU-Chef und deutschem Innenminister Horst Seehofer, wie die Deutsche Presse-Agentur aus Teilnehmerkreisen erfuhr.
Aus Teilnehmerkreisen der CDU-Vorstandssitzung in Berlin hieß es am Montag, Merkel akzeptiere diese Frist. Bis dahin, nach dem EU-Gipfel Ende Juni, will die CDU-Chefin mit EU-Partnern Abkommen aushandeln.
Danach soll es aber "keinen Automatismus" geben, wie es aus CDU-Kreisen hieß. "Im Lichte des Erreichten wird über das weitere Vorgehen entschieden."
Merkel hatte vergangene Woche selbst vorgeschlagen, den EU-Gipfel abzuwarten. Sie wolle die CDU-Spitzengremien am 1. Juli über den Stand ihrer Verhandlungen über Abkommen mit vom Migrationsdruck belasteten Ländern wie Italien informieren. Dann werde entschieden, wie man weiter vorgehe.
Merkel sagte demnach in der Vorstandssitzung, es herrsche bei 62,5 der 63 Punkte im Masterplan Migration von Seehofer Übereinstimmung. Von CDU-Teilnehmern der Sitzung hieß es, Seehofer sei in dem Streit klug vorgegangen. Nun sei der Ball wieder im Spielfeld der Kanzlerin - bei einem Thema, bei dem die CDU-Basis zu 70 bis 80 Prozent bei der CSU sei.
Die CSU beschloss, dass mit umfassenden Zurückweisungen von Migranten an den Grenzen begonnen werden soll, wenn auf dem EU-Gipfel keine entsprechenden Vereinbarungen mit EU-Partnern zustande kommen. Dabei geht es insbesondere um Asylbewerber, die bereits in einem anderen EU-Land registriert sind. Diese sollen dann voraussichtlich ab Anfang Juli abgewiesen werden. Die Vorbereitungen dafür will Seehofer nach eigenen Worten aber schon jetzt treffen lassen - der CSU-Vorstand billigt auch dieses Vorgehen am Montag einstimmig.
Als ersten Schritt will der Innenminister umgehend diejenigen Ausländer an den Grenzen abweisen lassen, die mit einer Einreisesperre belegt sind. Dies will Seehofer nun umgehend anweisen.
Die Führungsgremien der beiden Schwesterparteien CDU und CSU waren am Vormittag zu getrennten Sitzungen in Berlin und München zusammengekommen, um über den unionsinternen Konflikt zu beraten.
Merkel lehnt einen nationalen Alleingang in der Flüchtlingspolitik ab. Sie setzt darauf, eine Lösung unter dem Dach der Europäischen Union zu erreichen, und strebt bilaterale Abkommen mit Staaten wie Italien, Österreich, Griechenland oder Bulgarien zur Zurückweisung von Flüchtlingen an. Am Sonntagabend beriet sich Merkel bereits in einem engen CDU-Führungszirkel über das weitere Vorgehen. Ergebnisse des fast siebenstündigen Treffens wurden nicht bekannt.