Die US-Regierung hat sich mit ihrer Zollentscheidung bei Stahl und Aluminium zulasten wichtiger Partnerländer in der G-7-Gruppe der großen Industrieländer völlig isoliert. Die Europäische Union und Kanada kündigten als Reaktion am Freitag Klagen vor der Welthandelsorganisation (WTO) gegen die USA an. Japan behält sich das noch vor.
Einhellig verurteilten die Partnerländer der USA bei einer G-7-Finanzministerkonferenz im kanadischen Whistler die amerikanische Entscheidung als rechtswidrig und nicht hinnehmbar. Der deutsche Finanzminister Olaf Scholz sprach davon, dass gerade die Europäer seinem US-Kollegen Steven Mnuchin diese Kritik "mit großer Deutlichkeit" erläutert hätten. Scholz äußerte den Eindruck, dass das von Mnuchin immerhin verstanden worden sei.
EU muss geeint auftreten
Jens Weidmann, Präsident der deutschen Bundesbank, sieht im eskalierenden Handelskonflikt eines der großen Risiken für die weitere weltwirtschaftliche Entwicklung. Allerdings hält er die direkten Auswirkungen der jüngsten US-Entscheidung für Importzölle auf Stahl- und Aluminiumimporte auf die Europäische Union für begrenzt, wie er dem ZDF sagte. "Wir reden hier über 0,04 Prozent des Bruttoinlandsprodukts der Europäischen Union." Allerdings könnte eine weitere Eskalation für mehr Unsicherheit sorgen und damit das Vertrauen bei Verbrauchern und Unternehmern schädigen. "Wir müssen natürlich entschlossen und im Rahmen der WTO-Regeln reagieren", forderte der Notenbanker.
US-Finanzminister Mnuchin schaffte es nicht, die verärgerten Partner mit seinen Argumenten zu überzeugen. Sein Kollege habe sich schwergetan, die Entscheidung zu begründen, sagte der japanische Finanzminister Taro Aso. Mnuchin habe seine G-7-Kollegen vielmehr aufgefordert, sich direkt an US-Präsident Donald Trump mit ihren Klagen zu wenden. "Ehrlich gesagt, er hat mir leidgetan", sagte Aso über Mnuchin. "Das passiert nicht so oft bei G-7-Treffen - aber es gab eine Situation, in der die USA allein gegen alle anderen standen."
Der deutsche Finanzminister Scholz nannte die Zollentscheidung der US-Seite "nicht akzeptabel". Sie sei rechtswidrig und verstoße gegen internationale Regeln im Handel. "Das ist, glaube ich, mit großer Klarheit von allen gesagt worden, und ich habe sogar den Eindruck, auch verstanden worden", sagte Scholz mit Blick auf Mnuchin. "Insofern ist das dann auch eine Grundlage, um irgendwann zu verbesserten Ergebnissen zu kommen", sagte er. Von irgendeinem Entgegenkommen oder einem Signal der Amerikaner an die Partner berichtete er aber nicht.
"Absurder Vorgang"
Zu den heftigsten Kritikern der USA gehörten Frankreichs Finanzminister Bruno Le Maire und dessen kanadischer Kollege, der Konferenz-Gastgeber Bill Morneau. Auch der britische Minister Philip Hammond äußerten sich verärgert. Morneau sprach von einem "absurden Vorgang", wenn die USA von Gründen der nationalen Sicherheit sprächen, die ihre Entscheidung bestimmt hätten.
Diese amerikanische Begründung ist denn auch der Ansatzpunkt der Kanadier für die Klage vor der WTO. "Kanada wird stets kanadische Arbeiter und kanadische Interessen gegen Protektionismus verteidigen, der das internationale Handelssystem untergräbt", betonte Außenministerin Chrystia Freeland. Zudem sieht Kanada eine Verletzung des Freihandelsabkommens NAFTA zwischen den USA, Mexiko und Kanada. Bei den festgefahrenen Verhandlungen über eine NAFTA-Reform brachte Trump nun einzelne bilaterale Abkommen mit den beiden Ländern ins Spiel. "Mir würde ein separater Deal mit Kanada und ein separater Deal mit Mexiko nichts ausmachen", sagte Trump in Washington. Doch ähnlich wie die EU wollen sich auch Mexiko und Kanada in der Frage nicht spalten lassen und den USA gemeinsam die Stirn bieten. NAFTA ist nach der gemeinsamen Wirtschaftsleistung eines der größten Handelsabkommen der Welt. Es wurde 1992 unterzeichnet und trat 1994 in Kraft.
Le Maire nannte die US-Entscheidung auch wirtschaftlich gefährlich. Nach Angaben von Teilnehmern soll er explizit vor einem Handelskrieg gewarnt haben. Hammond äußerte sich enttäuscht, sprach aber auch von der Hoffnung, dass die Diskussionen der Finanzminister helfen könnten, beim G-7-Gipfel in einer Woche auf der Ebene der Staats- und Regierungschefs zu Fortschritten zu kommen.
Ein indirekter Effekt der von den USA frisch verhängten Einfuhrzölle könnte nach Auffassung eines hohen EU-Vertreters sein, dass es China nun leichter werden könnte, Kritik an seiner eigenen Handelspolitik zurückzuweisen. Denn schließlich scherten sich auch die USA nicht mehr um die Regeln der WTO.
Umstrittene Iran-Politik
Zur Sprache kam in der G-7 auch ein zweites großes Konfliktthema zwischen den Europäern und den USA: die Iran-Politik. Die Minister der drei großen europäischen Länder - Großbritannien, Frankreich und Deutschland - wollten sich mit ihrem US-Kollegen in einer separaten Runde treffen. Die Europäer kritisieren, dass US-Trump aus dem Iran-Nuklearabkommen ausgestiegen ist und neue Sanktionen gegen das Land verfügte. Davon sollen auch Firmen aus Drittländern betroffen sein, die mit dem Iran Geschäfte machen. Die Europäer wollen das nicht akzeptieren und halten im Gegensatz zu Trump an der Nuklearvereinbarung fest. Le Maire kündigte an, er wolle Mnuchin drängen, Ausnahmen für bestimmte französische Firmen zuzulassen, so dass diese ihre Geschäfte mit dem Iran ohne Strafandrohung weiterführen können.
Auslöser für Trumps Rundumschlag ist, dass er die US-Interessen untergraben sieht durch billigere Angebote der ausländischen Konkurrenz. Mit den Zöllen sollen Arbeitsplätze in den USA gesichert werden - zugleich könnten aber durch neue Zölle auf US-Produkte Marktanteile von US-Unternehmen im Ausland wegbrechen.