Miro Cerar erinnert an Christian Kern in seinen letzten Tagen als Kanzler. Er weiß, dass die Parlamentswahl am Sonntag schon verloren ist, kehrt die ihm verbliebene Macht nun aber noch demonstrativer nach außen. Wenn EU-Ratspräsident Donald Tusk im Land ist, flaniert Sloweniens Premierminister mit ihm durch das Stadtzentrum von Laibach. Während andere Kandidaten in sozialen Medien Bilder aus dem Wahlkampf veröffentlichen, macht der Zentrumspolitiker Cerar einen auf Macher.
Im März kündigte er seinen Rücktritt als Regierungschef an, weil der Oberste Gerichtshof ein Referendum über eine 27 Kilometer lange Bahnstrecke vom Hafen Koper in das Hinterland für ungültig erklärte. Nun, da ein zweites Referendum ob zu geringer Beteiligung als gegenstandslos betrachtet werden kann – nur kapp 15 Prozent der Wahlberechtigten gaben ihre Stimme ab, 50,1 Prozent stimmten gegen die Bahnpläne –, gibt der Ministerpräsident in seinen letzten Amtstagen den Startschuss für das Milliardenprojekt. Die politische Botschaft: Miro Cerar bringt etwas weiter.
Was nach ihm kommt, ist indes völlig offen. Politikexperte Andraz Zorko vom Institut Valicon sieht einen Dreikampf zwischen den Sozialdemokraten unter Dejan Zidan, dem ehemaligen Politiker-Imitator und Bürgermeister von Kamnik Marjan Sarec (siehe Interview rechts) und dem ehemaligen Premier Janez Jansa. Wobei das Pendel in den jüngsten Umfragen zugunsten Jansas ausschlug. Noch-Premierminister Miro Cerar liegt in den Umfragen abgeschlagen auf Platz vier.
Am rechten Rand
Der Ex-Kommunist Jansa hat mittlerweile eine politische Wanderung an den rechten Rand des Politspektrums unternommen. Als Premier nahm er kritische Journalisten des öffentlich-rechtlichen Rundfunks an die Kandare, als Oppositionsführer forderte er vor zwei Jahren die Bewaffnung syrischer Flüchtlinge. „Sie sollen sich ihre Heimat zurückerkämpfen“, erklärte er damals. Nun thematisieren seine Wahlplakate wieder die Migration: „Stoppt die Flüchtlinge“, ließ er affichieren.
Als Unterstützer für diesen Kurs holte er sich Ungarns Regierungschef Viktor Orbán ins Land. Bei einer Wahlveranstaltung in Celje trat er als Fahnenschwinger und Redner in Erscheinung – und auch als Zahler. 1,88 Millionen Euro ließ Orbán laut Recherchen des Magazins „Mladina“ Jansas Partei SDS zukommen. Aus Staatsgeldern! Ein Vorgang, der zwar verboten ist, doch kümmert dieses Detail in der Hitze des Wahlkampfes die breite Masse der Bevölkerung kaum. Die sorgt sich um ihr Einkommen – und ihre Pensionen.
Letzteres erklärt auch ein Spezifikum der slowenischen Politik, die Pensionistenpartei DeSUS. Seit 1996 ist man in der Regierung. Einmal mit den Konservativen, dann unter der Führung der Sozialisten, die letzten vier Jahre unter dem Zentrumspolitiker Cerar. DeSUS-Parteichef Karl Erjavec beherrscht das Spiel der politischen Winkelzüge und wird wohl wieder über den nächsten Premier entscheiden – und gleichzeitig Reformen verhindern, wie Kritiker meinen.