Der Konflikt zwischen Israel und Iran ist in der Nacht zum Donnerstag eskaliert. Beim Gegenangriff Israels auf iranische Ziele in Syrien sind laut Aktivisten mindestens 23 Kämpfer getötet worden. Das erklärte die oppositionsnahe Syrische Beobachtungsstelle für Menschenrechte nach den Angriffen in der Nacht auf Donnerstag. Russlands Verteidigungsministerium teilte mit, bei dem Einsatz seien 28 israelische Kampfjets beteiligt gewesen, die etwa 70 Raketen abgeschossen hätten.
Unter den mindestens 23 Toten waren nach Angaben der Beobachtungsstelle fünf Soldaten der syrischen Regierungstruppen und 18 mit diesen verbündete Kämpfer. Die Beobachtungsstelle bezieht ihre Informationen aus einem Netz von Aktivisten an Ort und Stelle, ihre Angaben können von unabhängiger Seite kaum überprüft werden.
Die israelische Luftwaffe flog den Angriff nach Angaben des russischen Verteidigungsministeriums mit Flugzeugen vom Typ F-15 und F-16. Diese hätten rund 60 Raketen abgeschossen, teilte das Ministerium mit. Zudem habe Israel mehr als zehn taktische Boden-zu-Boden-Raketen abgeschossen.
Die israelische Armee hatte nach eigenen Angaben in der Nacht auf Donnerstag Dutzende iranische Ziele in Syrien attackiert und getroffen.
Damit reagierte Israel nach eigenen Angaben darauf, dass der Iran rund 20 Geschosse auf israelische Stellungen auf den besetzten Golanhöhen abgefeuert habe. Israels Verteidigungsminister Avigdor Lieberman erklärte, die Armee habe "nahezu die gesamte iranische Infrastruktur" beschossen. Die angegriffenen Ziele im Süden und Zentrum des Landes seien Stellungen der libanesischen Schiitenmiliz Hisbollah und der syrischen Armee. In einer von ihnen hätten sich auch iranische Kämpfer aufgehalten.
Geheimdienste hatten gewarnt
Geheimdienste hatten vor einem iranischen Vergeltungsangriff auf Israel gewarnt. Hintergrund war ein Luftangriff, bei dem am 9. April in Syrien sieben iranische Militärangehörige getötet worden waren. Syrien und der Iran machen Israel dafür verantwortlich. Israelische Medien hatten berichtet, der Angriff habe einer wichtigen Basis der iranischen Revolutionsgarden gegolten. "Wir haben kein Interesse an einer Eskalation, aber wir müssen auf jedes Szenario vorbereitet sein", sagte Lieberman. Er sagte, es handle sich um einen punktuellen Konflikt Israels mit den iranischen Quds-Brigaden. "Alle wollen den Konflikt genau auf dieses Karree beschränken."
Teheran ist neben Russland und der libanesischen Schiitenmiliz Hisbollah wichtigster Verbündeter des syrischen Staatschefs Baschar al-Assad. Israel hat immer wieder betont, man werde eine dauerhafte militärische Präsenz des iranischen Erzfeinds im Nachbarland Syrien nicht dulden. Der jüdische Staat wird für vorherige Luftangriffe in Syrien verantwortlich gemacht, bei der auch Iraner getötet wurden. Teheran drohte Israel mit Vergeltung, deshalb war die israelische Armee zuletzt in erhöhter Alarmbereitschaft.
USA
Brisanz erhielt das Verhältnis zwischen dem Iran und Israel zuletzt auch durch die Aufkündigung des Iran-Atomdeals durch die USA. Präsident Donald Trump hatte am Dienstag bekannt gegeben, dass die USA nicht länger an dem 2015 von sechs Ländern mit dem Iran ausgehandelten Atomabkommen festhalten wollen. Die ausgesetzten Sanktionen würden nun sehr schnell wieder eingeführt. Während die anderen Unterzeichner-Staaten - neben Russland, China, Großbritannien und Frankreich auch Deutschland - und andere europäischen Länder die Entscheidung kritisierten, zeigte sich Israel darüber sehr erfreut.
Russland
Russland rief Israel und den Iran zur Zurückhaltung und Deeskalation auf. "Das ist alles sehr beunruhigend", sagte der russische Vizeaußenminister Michail Bogdanow am Donnerstag in Kasan der Agentur Tass zufolge. "Wir haben Kontakt mit beiden Seiten." Russland bemühe sich seit langem um eine Entspannung der Lage, sagte er. Russland pflegt enge Kontakte zu beiden Seiten. Am Mittwoch hatte Präsident Wladimir Putin den israelischen Regierungschef Benjamin Netanyahu zu Gesprächen in Moskau empfangen.
Deutschland
Deutschlands Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) sieht in der neuen Gewalt im Nahen Osten eine Frage von Krieg und Frieden. "Die Eskalationen der vergangenen Stunden zeigen uns, dass es wahrlich um Krieg und Frieden geht", sagte Merkel am Donnerstag bei der Zeremonie zur Verleihung des Karlspreises an den französischen Präsidenten Emmanuel Macron in Aachen. Sie bezeichnete die Lage als "extrem kompliziert" und rief alle Beteiligten zur "Zurückhaltung" auf.