In Russland wird nach Angaben des britischen Botschafters in Berlin, Sebastian Wood, entgegen der offiziellen Darstellung weiter mit dem Nervengift Nowitschok experimentiert. Wenn Russland sage, dass alle Kampfgifte aus Sowjetzeiten unter Aufsicht internationaler Beobachter vernichtet worden seien, so sei das aus britischer Sicht "falsch, völlig falsch", sagte Wood am Freitag im Deutschlandfunk.
"Unsere Nachrichtendienste wissen, dass es dieses Geheimprogramm zum Nowitschok-Giftstoff gibt, das die russische Regierung nie offengelegt hat." Der Diplomat forderte Russland auf, als ersten Schritt diese Offenlegung nun nachzuholen. Es gehe um einen Verstoß gegen die Chemiewaffen-Konvention. Die Belege, dass Russland hinter dem Anschlag auf den Ex-Agenten Sergej Skripal stecke, seien "klar genug".
"Wir wissen schon, dass die russischen Behörden experimentiert haben, wie man dieses Nervengift am besten einsetzt, um Menschen zu töten", sagte Wood. Bekannt sei auch, dass der russische Staat Menschen wie Skripal als Ziele von Anschläge betrachte. "Wir haben eine starke Einschätzung, dass es höchstwahrscheinlich ein Anschlag des russischen Staates war, und deshalb mussten wir alle gemeinsam reagieren". Es gebe genug Belege für Russlands Verantwortung im Fall Skripal, und die habe Großbritannien mit seinen Verbündeten geteilt, die sie überzeugend fanden. Es gehe hier aber abgesehen vom Einzelfall um das Gesamtbild, um ein russisches Verhaltensmuster, mit dem das Land agiere und versuche, andere Länder zu destabilisieren.
Die Giftattacke auf Skripal und seine Tochter im südenglischen Salisbury hat das ohnehin gespannte Verhältnis zwischen Russland und Großbritannien sowie anderen westlichen Ländern noch einmal massiv verschlechtert. Russland streitet jede Verantwortung für das Attentat ab.