Nach den Massenentlassungen in der Türkei nach dem gescheiterten Putschversuch 2016 hat die Regierung 110.000 Neueinstellungen im öffentlichen Dienst angekündigt. Im kommenden Jahr sollten unter anderem 20.000 Lehrer, 36.000 Mitarbeiter im Gesundheitssektor und 15.000 Mitarbeiter für das Justizministerium neu eingestellt werden, sagte Ministerpräsident Binali Yildirim am Sonntag.

Damit werde es in den Ministerien und Behörden keinen Personalmangel geben. Zuvor waren wegen des Putschversuchs vom Juli 2016 mehr als 2.750 weitere Staatsangestellte entlassen worden. Ihnen werden Verbindungen zu "Terrororganisationen" vorgeworfen.

Seit dem gescheiterten Militärputsch wurden in der Türkei bereits mehr als 140.000 Menschen aus dem Staatsdienst entlassen oder suspendiert, darunter Richter, Lehrer und Wissenschafter. Mehr als 55.000 Menschen wurden inhaftiert, darunter zahlreiche Journalisten, Oppositionelle und Wissenschafter.

Kritiker werfen der Regierung von Präsident Recep Tayyip Erdogan vor, den Putschversuch und den danach verhängten Ausnahmezustand als Vorwand zu missbrauchen, um sämtliche Regierungskritiker aus dem öffentlichen Dienst zu entfernen und auch gegen kurdische Oppositionelle, kritische Journalisten, unabhängige Wissenschafter und andere Gegner Erdogans vorzugehen.

"Gerechtigkeit für die Journalisten"

In der türkischen Metropole Istanbul hat indes eine neue Anhörung im umstrittenen Prozess gegen 17 Mitarbeiter der regierungskritischen Zeitung "Cumhuriyet" begonnen. Vor dem Justizpalast Caglayan versammelten sich am Montag dutzende Unterstützer und forderten auf Plakaten unter anderem "Gerechtigkeit für alle Journalisten".

Einige hielten die Titelseite der aktuellen "Cumhuriyet" hoch, auf der steht: "Gerechtigkeit sofort". "Cumhuriyet"-Chefredakteur Murat Sabuncu, der Herausgeber Akin Atalay und weitere Mitarbeiter waren im Oktober 2016 festgenommen worden. Später wurden der Investigativjournalist Ahmet Sik und der Buchhalter der Zeitung, Yusuf Emre Iper, festgenommen. Während die meisten Mitarbeiter bei den ersten Anhörungen für die Dauer des Prozesses freigelassen wurden, sitzen Sabuncu, Atalay, Sik und Iper weiter in Haft.

Die 17 Journalisten und Mitarbeiter der traditionsreichen Zeitung sind der "Unterstützung von Terrororganisationen" angeklagt, darunter die Bewegung des islamischen Predigers Fethullah Gülen, die von Präsident Recep Tayyip Erdogan für den Putschversuch von Juli 2016 verantwortlich gemacht wird. Ihnen drohen bis zu 43 Jahre Haft. Die Angeklagten weisen alle Vorwürfe zurück; auch viele Unterstützer betrachten den Prozess als politisch motiviert.

Seit dem versuchten Militärputsch wurden in der Türkei mehr als 55.000 Menschen unter dem Verdacht festgenommen, zur Gülen-Bewegung zu gehören. Auch hunderte Oppositionelle, Journalisten, Akademiker und andere regierungskritische Intellektuelle wurden inhaftiert.