Der spanische Ministerpräsident Mariano Rajoy hat den überraschenden Erfolg der Separatisten bei der Parlamentsneuwahl in der Konfliktregion Katalonien relativiert. "Die Unabhängigkeits-Befürworter haben an Unterstützung eingebüßt. Weniger, als wir uns gewünscht hatten, aber sie haben eingebüßt", sagte der konservative Regierungschef am Freitag vor Journalisten in Madrid.
Bei der Wahl hatten die drei separatistischen Parteien Kataloniens am Donnerstag entgegen der Umfragen zusammen erneut eine absolute Mehrheit der Sitze errungen. Sie verloren aber insgesamt zwei Sitze. Auch erhielten sie zusammen nur etwa 47,5 Prozent der Stimmen. Das Wahlrecht, das Stimmen aus bevölkerungsarmen, meist separatistischer gesinnten Gebieten bevorzugt, sicherte ihnen dennoch eine parlamentarische Mehrheit.
Nach der Regionalwahl in Katalonien hat sich der abgesetzte Regierungschef Carles Puigdemont offen für Gespräche mit Madrid gezeigt. Er sei bereit, sich außerhalb Spaniens mit Ministerpräsident Rajoy zu treffen, sagte der 54-Jährige am Freitag bei einer Pressekonferenz in seinem Exil in Brüssel. Rajoy müsse den Wahlsieg der Unabhängigkeitsbefürworter anerkennen. Spaniens Regierungschef Rajoy hat ein Angebot des abgesetzten katalanischen Regionalpräsidenten jedoch abgelehnt, sich außerhalb Spaniens zu treffen.
Die Unabhängigkeitsbefürworter hatten bei der Wahl am Donnerstag ihre absolute Mehrheit im katalanischen Parlament verteidigt. Die größte Fraktion im Parlament von Barcelona wird künftig aber eine Partei stellen, die für den Verbleib im spanischen Staatsverbund eintritt: Die liberale Partei Ciudadanos mit ihrer charismatischen Spitzenkandidatin Inés Arrimadas gewann 37 Sitze.
Die katalanische Regierung hatte am 1. Oktober trotz eines Verbots durch das Oberste Gericht Spaniens ein Referendum über eine Abspaltung von Spanien abgehalten. Ende Oktober rief das Parlament in Barcelona die Unabhängigkeit und die "Katalanische Republik" aus. Madrid übernahm daraufhin die direkte Kontrolle über die halbautonome Region, setzte Puigdemont und dessen Regierung ab und schrieb Neuwahlen aus. Gegen Puigdemont wurde ein Haftbefehl erlassen. Er floh nach Belgien, um seiner Festnahme zu entgehen.
Puigdemont droht lange Haftstrafe
Puigdemont war nach der Abhaltung am 1. Oktober eines von der Justiz verbotenen Unabhängigkeitsreferendums und einem Beschluss zur Abspaltung von Spanien von der Regierung unter Ministerpräsident Mariano Rajoy abgesetzt worden. Unmittelbar nach seiner Amtsenthebung hatte er sich nach Belgien abgesetzt, um einer Festnahme zu entgehen. Wie ehemalige Mitstreiter riskiert Puigdemont wegen der Vorwürfe der Rebellion, des Aufruhrs und der Veruntreuung öffentlicher Mittel bei einer Rückkehr nach Spanien eine lange Haftstrafe. Bei einer Wahl zum Regionalpräsidenten will er dennoch zurück in die Heimat.
Linksradikale wolle Puigdemont unterstützen
Die linksradikale Partei CUP erklärte sich am Freitag bereit, der Bildung einer Regierung unter Führung des 54-Jährigen zuzustimmen.
Voraussetzung sei, dass Puigdemont weiterhin das Ziel "der Gründung einer katalanischen Republik" verfolge, sagte CUP-Spitzenkandidat Carles Riera vor Journalisten in der katalanischen Hauptstadt Barcelona.
Puigdemonts Allianz JuntsXCat landete zwar mit 34 Sitzen hinter den liberalen Unabhängigkeitsgegnern Ciudadanos (37) nur auf dem 2. Platz. Doch im Gegensatz zur regionalen Ciudadanos-Chefin Inés Arrimadas kann sich Puigdemont Hoffnungen auf eine Wahl zum Regionalpräsidenten machen, weil die drei für die Unabhängigkeit eintretenden Parteien - neben seiner JuntsXCat und CUP auch die linksnationalistische ERC - zusammen erneut die absolute Mehrheit der Sitze errangen.