Aus dem rechten und linken Lager Italiens kommt Kritik am Beschluss der neuen Bundesregierung, die Wiedererlangung der österreichischen Staatsbürgerschaft für Südtiroler ins Regierungsprogramm aufzunehmen. Als "gefährlichen Vorschlag" bezeichnete die stellvertretende Chefin der regierenden Demokratischen Partei (PD) und Friauls Präsidentin Debora Serracchiani das Vorhaben von ÖVP und FPÖ. "In Grenzregionen wie Friaul hat die Geschichte oft die Menschen getrennt. Wir können nicht Gefahr laufen, durch den Druck einer Ultrarechten gespalten zu werden, die nicht den Wert der Einheit der Völker begreift", schrieb Serracchiani auf Twitter.
Der Staatssekretär für Europafragen, Sandro Gozi (PD), betrachtet die Pläne der Regierung in Wien als "Propaganda nach dem Wahlkampf". Die Rechtspartei "Brüder Italiens" (Fratelli d'Italia - FLI) bezeichnete die Pläne der österreichischen Regierung als "anti-italienische Provokation". Das Vorhaben sei Ausdruck des "Dilettantismus" des jungen Bundeskanzlers Sebastian Kurz.
Der Südtiroler Extrembergsteiger Reinhold Messner kritisierte ebenfalls die Entscheidung von ÖVP und FPÖ. Er sei auf seinen italienischen Pass stolz, sagte er in einem Interview mit RAI Radio am Dienstag. "Ich bin Südtiroler mit italienischem Pass und ich bin darauf stolz", sagte der Bergsteiger. Seiner Ansicht nach werde es niemals zu einem Doppelpass für Südtiroler kommen. Das sei lediglich politische Propaganda, die niemals zu konkreten Schritten führen werde.
Kompatscher warnt vor übertriebenem Alarm
Südtirols Landeshauptmann Arno Kompatscher klagte über "übertriebenen Alarm" in Zusammenhang mit der Entscheidung von ÖVP und FPÖ. "Dieser Medienrummel ist übertrieben", erklärte er im Gespräch mit der italienischen Nachrichtenagentur ADNKronos.
Bundeskanzler Sebastian Kurz (ÖVP) hat ein Gespräch mit seinem italienischen Amtskollegen Paolo Gentiloni angekündigt. "Natürlich ist das eine Frage, die wir mit unseren Partnern und Freunden in Italien diskutieren müssen", sagte Kurz am Dienstagabend in Brüssel. Gentiloni sei bereits sein Kollege während seiner Amtszeit als Außenminister gewesen. "Er ist ein guter Freund von mir", versicherte Kurz. Zwar sei er in den vergangenen Tagen nicht mit ihm in Kontakt gewesen, "aber ich werde mich mit ihm in Kontakt setzen, um diese Frage zu diskutieren." Der italienische Außenminister Angelino Alfano plant am Mittwoch ein Telefonat mit seiner neuen Amtskollegin in Wien, Karin Kneissl, verlautete es aus dem Außenministerium in Rom nach Angaben der italienischen Nachrichtenagentur ANSA.