US-Vizepräsident Mike Pence verschiebt seine heikle Reise in den Nahen Osten. Als Begründung nannte das Weiße Haus am Montag die anstehende Abstimmung im Kongress über die Steuerreform von US-Präsident Donald Trump. Im Falle eines Patts im Senat sei Pences Stimme notwendig, sagte ein Regierungsvertreter.

Im US-Senat zeichnet sich eine ausreichende Mehrheit für die Steuerreform Trumps ab. Am Montag kündigten zwei bisher unentschlossene republikanische Senatoren, Mike Lee und Susan Collins, an, ebenfalls für das Paket stimmen zu wollen. Damit stand nur noch aus, wie sich Jeff Flake entscheiden wird.

Selbst ein Nein von ihm dürfte das Vorhaben nicht mehr stoppen: Trumps Republikaner können sich in der Kongresskammer zwei Abweichler erlauben. John McCain wird vermutlich aus Gesundheitsgründen der Abstimmung fernbleiben.

Der Zorn in arabischen Ländern über Trumps Entscheidung, Jerusalem als Hauptstadt Israels anzuerkennen, sei nicht der Grund für die Verschiebung der Reise des Vize-Präsidenten, hieß es aus dem Weißen Haus. Pence wollte am Dienstag und Mittwoch nach Ägypten und Israel reisen. Geplant waren unter anderem Treffen mit dem ägyptischen Präsidenten Abdel Fattah al-Sisi und Israels Ministerpräsident Benjamin Netanyahu sowie eine Rede vor dem israelischen Parlament. Die Reise soll nun Mitte Jänner nachgeholt werden.

Trump hatte wütende Reaktionen in der muslimischen Welt ausgelöst, als er Anfang Dezember Jerusalem als Hauptstadt Israels anerkannte. Aus Protest sagten mehrere Gesprächspartner auf arabischer Seite Treffen mit Pence ab, unter anderem Palästinenserpräsident Mahmoud Abbas.

Wenige Stunden vor der Verschiebung der Reise hatten die USA mit einem Veto im UN-Sicherheitsrat eine kritische Resolution zur Jerusalem-Politik Washingtons verhindert. Bei der Abstimmung über den Text, der die Anerkennung von Jerusalem als Hauptstadt Israels durch die USA kritisierte, stimmten die USA am Montag in New York als einziges Land mit "nein". Die 14 übrigen Ratsmitglieder - unter ihnen die US-Verbündeten Großbritannien und Frankreich - stimmten für die von Ägypten eingebrachte Vorlage.

Die US-Botschafterin bei den Vereinten Nationen, Nikki Haley sprach von einer "Beleidigung, die wir nicht vergessen werden". Die USA würden sich von niemandem sagen lassen, wo sie ihre Botschaften ansiedeln. Der Resolutionsentwurf sei "ein weiteres Beispiel dafür, dass die Vereinten Nationen im Konflikt zwischen Israel und Palästinensern mehr Schaden anrichten als Gutes tun."

Regierungsvertreter in Washington bekräftigten aber, die Verschiebung der Nahost-Reise von Vizepräsident Pence habe nichts mit dem Streit um Trumps Jerusalem-Entscheidung zu tun. Ein Mitarbeiter des Weißen Hauses sagte, Pence hole die Reise schließlich in "zwei oder drei Wochen" nach.

"Es geht ausschließlich um die größte Steuerkürzung in der US-Geschichte und darum, den Vizepräsidenten und das ganze Team hier zu haben", sagte ein weiterer Regierungsvertreter mit Blick auf die Abstimmung zur Steuerreform. Die Regierung sei zwar sehr optimistisch, was das Votum im US-Senat angehe, wolle aber kein Risiko eingehen.

Das Repräsentantenhaus soll am Dienstag über die Reform abstimmen, die dramatische Steuersenkungen für Unternehmen und bescheidenere Entlastungen für Privatpersonen in allen Einkommensklassen vorsieht. Das Senatsvotum soll am Dienstagabend (Ortszeit) oder Mittwoch folgen. Die Republikaner haben im Senat nur eine hauchdünne Mehrheit. Die Demokraten wollen geschlossen gegen das Gesetz stimmen.

Trotzdem zeichnete sich am Montag eine Mehrheit ab. Zwei bisher unentschlossene republikanische Senatoren, Mike Lee und Susan Collins, kündigten an, ebenfalls für das Paket stimmen zu wollen. Damit stand nur noch aus, wie sich Jeff Flake entscheiden wird. Selbst ein Nein von ihm dürfte das Vorhaben nicht mehr stoppen: Trumps Republikaner können sich in der Kongresskammer zwei Abweichler erlauben. Der an Krebs erkrankte John McCain wird vermutlich aus Gesundheitsgründen der Abstimmung fernbleiben.

Im Mittelpunkt des 500 Seiten starken Entwurfes steht eine massive Senkung der Ertragssteuer für Unternehmen von bisher 35 auf 21 Prozent. Auch die meisten übrigen Steuerzahler können davon ausgehen, dass sie zumindest vorübergehend weniger Geld an den Fiskus abführen müssen. Allerdings profitieren die Reichen entgegen den Erklärungen Trumps deutlich stärker als die Ärmeren und die Mittelschicht.

Nach den Abstimmungen in Repräsentantenhaus und Senat könnte US-Präsident Donald Trump das Gesetzespaket, das er historisch nennt, noch vor Weihnachten unterschreiben. Es wäre die für ihn größte Errungenschaft seiner bisherigen Amtszeit. Das Paket hat einen Umfang von knapp 1,5 Billionen Dollar.

Dafür nehmen die Republikaner im Widerspruch zu ihrem Wahlprogramm 2016 eine starke Aufblähung des Haushaltsdefizits in Kauf: Der überparteiliche Steuerausschuss des Kongresses geht von einem Anstieg in Höhe von einer Billion Dollar im Zeitraum von zehn Jahren aus. Die Republikaner erwarten, dass sich die Reform durch eine gesteigerte Wirtschaftsleistung selber finanziert. Unabhängige Experten ziehen das in Zweifel.