So wird die Regierungsbildung in internationalen Zeitungen kommentiert.
"Neuen Zürcher Zeitung":
"Unter dem feschen Jungkanzler Sebastian Kurz hat Österreich wieder eine Regierung mit Rechtsdrall: Zum zweiten Mal in der Geschichte holt sich die konservative Staatspartei ÖVP die fragwürdige FPÖ ins Boot. Das erste Mal gab es eine solche Regierung im Jahr 2000. Die EU verhängte damals diplomatische Sanktionen gegen Wien. Diesmal aber blieb der internationale Aufschrei aus.(...) Ja, klar, es gibt da den Vizekanzler Heinz-Christian Strache von der FPÖ, ein Wolf im Schafspelz: freundlich, aber mit rechtsextremer Vergangenheit. Dass die Entrüstung ausbleibt, liegt am Regierungsprogramm selbst. Was Kurz und Strache vorgestellt haben, ist zum Teil gerechtfertigt, etwa Steuern senken und das Arbeitsrecht lockern. Das wollen auch andere demokratische Regierungen. Zum Teil sind es symbolische Zugeständnisse an die Ewiggestrigen: In der Primarschule gibt es wieder Noten ab der ersten Klasse. Und in Wiens Kaffeehäusern wird weiterhin gequalmt. Man kann streiten, ob das sinnvoll ist. Aber es stellt den Rechtsstaat nicht infrage."
"El Pais" (Madrid):
"Die extreme Rechte kehrt in Österreich an die Macht zurück. Der Chef der Christdemokraten, Sebastian Kurz (ÖVP), der bei den Parlamentswahlen im vergangenen Oktober die relative Mehrheit eroberte, und der Anführer der Freiheitlichen Partei (FPÖ), Heinz-Christian Strache, haben nach fast zweimonatigen Verhandlungen eine Koalitionsvereinbarung getroffen und am Samstag ihr Programm vorgestellt. (...) Die FPÖ wird sechs der insgesamt 13 Ressorts in der neuen Regierung besetzen. Die Ultranationalisten werden drei Schlüsselministerien kontrollieren: Inneres, Verteidigung und Äußeres. Allerdings bleiben die Europaangelegenheiten unter der direkten Kontrolle des konservativen Kanzlers. Neue Außenministerin wird eine Ex-Diplomatin und Expertin für die Arabische Welt, die der FPÖ nahesteht, aber keiner Partei angehört."
"Le Monde" (Paris):
"Um die Europäer zu beruhigen, verspricht die extreme Rechte, eine Parteifreie an die Spitze der österreichischen Diplomatie zu stellen: Karin Kneissl. Die Nahost-Expertin ist eine Absolventin der (französischen Eliteverwaltungshochschule, Anm.) ENA. Sie kennt Frankreich also gut und hat sich manchmal kritisch gegenüber dem Land gezeigt, vor allem, als Paris 2015 die Wiener Räumlichkeiten seines Institut Francais an Katar veräußert hat. Frau Kneissl hat darauf mit einem ätzenden Kommentar in einer österreichischen Zeitung reagiert."
Corriere della Sera (Mailand):
"Österreichs Rechtsruck wird auf die Verhältnisse in der EU lasten, vor allem in einer Phase, in der die Spaltungen zwischen Ost- und Westeuropa zunimmt. Zwar wird Österreichs Außenpolitik in den Händen von Kurz bleiben, doch im Koalitionsvorhaben gibt es noch mehrere Anliegen, die nicht in die von Brüssel, Berlin, Paris und Rom gewünsche Richtung gehen. Vor allem bei der Flüchtlings- und Integrationsfrage in Europa". (...) "Kurz wird zwar die europäischen Dossiers kontrollieren, doch die FPÖ wird das Außen- das Innenminister und das Verteidigungsministerium führen und somit einen riesigen Einfluss auf einen Großteil der österreichischen Politik haben."
"Helsingin Sanomat" (Helsinki):
"Die selben Räumlichkeiten, die selben Kronleuchter, die selben Parteien, aber eine ganz andere Welt: Das Wiener Regierungsviertel glich am späten Freitagabend dem Winter 2000. Die konservative ÖVP und die rechtspopulistische FPÖ waren über eine gemeinsame Regierung einig geworden. (...) Die Stille in den europäischen Hauptstädten ist im Vergleich zum Jänner 2000 jedoch geradezu ohrenbetäubend. (...) Das sagt nicht nur etwas über Österreich aus, sondern auch über Europa. Die Ablehnung von Einwanderung ist zum Mainstream geworden, wenn nicht gar salonfähig. (...) Fast jedes Land hat heute eine FPÖ-ähnliche Populistenpartei. Das ist wohl auch der Grund, warum die Regierungsentscheidung in Österreich im Jahr 2017 niemanden mehr kümmert. Vielleicht würde es sich jedoch lohnen, sich darum zu kümmern."
"Il Messaggero" (Rom):
"Während in Deutschland drei Monate nach den Wahlen immer noch keine Regierung in Sicht ist, bildet Sebastian Kurz eine schwarz-blaue Regierung in Wien. Im Gegensatz zur Regierung 2000 wird es diesmal keine Sanktionen aus Europa geben. In den letzten Jahren hat sich die FPÖ einer Reinigung unterzogen. Strache hat die extremistischen und ausländerfeindlichen Positionen seines politischen Anfangs aufgegeben und eine relativ gemäßigte Wahlkampagne geführt (...) Für die ÖVP ist der Verzicht auf das Innen- und auf das Verteidigungsministerium ein schweres Opfer, das jedoch notwendig ist, um anderswo zu punkten: So übernimmt die ÖVP das Finanzministerium".