Die von US-Präsident Donald Trump versprochene Steuerreform ist auf gutem Weg, um kommende Woche endgültig vom Kongress verabschiedet zu werden: zwei Republikaner, die bisher das Projekt abgelehnt hatten, gaben am Freitag ihren Widerstand auf. Senator Marco Rubio ließ über seine Sprecherin erklären, dass er in das "Ja-"Lager gewechselt habe. Ähnlich äußerte sich Senator Bob Corker.

Der aus Florida stammende Rubio hatte diese Woche erklärt, er werde nicht für die Steuerreform stimmen, wenn nicht mehrere Änderungen vorgenommen würden. Er forderte eine Verdopplung des Kinderfreibetrags auf 2.000 Dollar (rund 1.700 Euro). Seiner Sprecherin zufolge erreichte er eine Erhöhung des Freibetrags, der Familien mit geringeren Einkommen helfen werde.

Der Senator Corker aus Tennessee war bei einer Abstimmung Anfang des Monats der einzige Abweichler bei den Republikanern. Er erklärte sich nun bereit, für die Reform zu stimmen - trotz Bedenken, dass der staatliche Schuldenberg durch die geplanten Steuersenkungen weiter anwachsen werde. Er wisse, dass kein Gesetz perfekt sei, erklärte Corker. Die Frage sei, ob die USA mit dem vorliegenden Gesetz besser da stünden als ohne. "Ich denke, wir werden es besser mit (der Reform) haben. (...) Dies ist eine Wette auf den Unternehmungsgeist unseres Landes, und ich will diese Wette eingehen."

Die drei republikanischen Senatoren Susan Collins, Jeff Flake und Mike Lee wollten dem Gesetzesentwurf zunächst nicht zustimmen bzw. äußerten sich zurückhaltend. Die Partei kann sich allerdings nur zwei Abweichler leisten. Im Repräsentantenhaus soll der Entwurf nun am Dienstag zur Abstimmung gestellt werde. Dort haben die Republikaner eine große Mehrheit. Danach muss der Senat entscheiden. Hier hält Trumps Partei 52 der 100 Sitze.

Dramatische Steuersenkungen für Unternehmen

Die Reform sieht dramatische Steuersenkungen für Unternehmen und bescheidenere Entlastungen für Privatpersonen in allen Einkommensklassen vor. Die Körperschaftsteuer soll von derzeit 35 Prozent auf 21 Prozent sinken - und damit unter den Schnitt der Industriestaaten von 22,5 Prozent. Trump wirbt mit dem Versprechen, viele Bürger und Unternehmen stark zu entlasten und die - allerdings ohnehin schon rund laufende - Wirtschaft weiter anzukurbeln. Die Kompromissvorlage enthält zudem eine Abschaffung der Krankenversicherungspflicht für alle, die unter Trumps Vorgänger Barack Obama eingeführt worden war.

Die Demokraten und andere Kritiker sehen in der Reform vor allem ein Projekt für die Reichen und Konzerne. Das Vorhaben würde zudem den US-Schuldenberg von aktuell 20 Billionen Dollar binnen zehn Jahren Berechnungen zufolge um weitere rund 1,4 Billionen ansteigen lassen - das wären im Schnitt mehr als zehn Milliarden Dollar pro Monat.

Vergangene Woche hatte der Senat mit einer knappen Mehrheit der Republikaner die historische Steuerreform bewilligt. Das Repräsentantenhaus hatte Trumps Reform mit einer Mehrheit der Republikaner bereits Mitte November abgesegnet. Beide Kammern müssen nun ihre Versionen abgleichen und erneut darüber abstimmen. Die gemeinsame Fassung soll Trump dann bis Weihnachten vorgelegt werden.

Präsident unter Druck

Sollte das Vorhaben durchkommen, wäre es des erste große Gesetzesvorhaben, dass Trump seit seinem Amtsantritt im Jänner gelingt. Der Präsident steht unter Druck. Seine Republikaner haben zuletzt hart umkämpfte Wahlen in Alabama und Virginia verloren. Die Zustimmungsrate für Trump persönlich ist mit zum Teil unter 40 Prozent gering. 2018 stehen Wahlen an, bei denen die Republikaner ihren Mehrheiten im Senat und im Repräsentantenhaus verteidigen müssen.

Politiker in Europa sehen die Reform mit Sorge. Die Finanzminister der fünf größten EU-Länder warnten ihren US-Kollegen Steven Mnuchin in einem Brief bereits vor einer Importbesteuerung. Der deutsche Industrieverband BDI warnte vor massiven Nachteilen für europäische Unternehmen: Die US-Reform habe "klar protektionistischen Charakter".

Der Gesetzesentwurf für die US-Steuerreform

Die beiden von den Republikanern kontrollierten Kammern im US-Kongress haben den gemeinsamen Gesetzesentwurf für die von Präsident Donald Trump angestrebte Steuerreform am Freitag nochmals geändert. Die Abstimmung in Senat und Repräsentantenhaus soll nun kommende Woche folgen.

Es folgen wichtige Punkte des Vorhabens, mit dem der Schuldenberg der USA in den kommenden zehn Jahren um rund 1,5 Billionen Dollar steigen dürfte.

UNTERNEHMEN

Die UNTERNEHMENSSTEUERN werden ab Jänner auf 21 Prozent von bisher 35 Prozent gesenkt. Die gesamte Steuerlast für Unternehmen in den USA sinkt auf etwa 28 Prozent, wenn man auch die Steuern berücksichtigt, die von einzelnen US-Staaten zusätzlich erhoben werden.

Der Steuersatz für KLEINBETRIEBE, die als sogenannte "Pass-through"-Gesellschaften firmieren, wird bei den ersten 315.000 Dollar (266.813,49 Euro) an Einnahmen auf 20 Prozent gesenkt. Für Erträge darüber soll der Steuersatz effektiv nicht mehr als 29,6 Prozent betragen. Schätzungen zufolge sind rund 95 Prozent der US-Firmen solche Kleinbetriebe, die oft nur einen Eigentümer oder wenige Mitarbeiter haben.

Der MINDESTSTEUERSATZ FÜR UNTERNEHMEN von 20 Prozent wird abgeschafft. Mit dem Steuersatz sollte sichergestellt werden, dass profitabel arbeitende Firmen ihre Steuerlast nicht gegen Null rechnen können.

Bei GEWINNEN IM AUSLAND werden US-Firmen künftig weitgehend von einer Besteuerung in ihrem Heimatland befreit.

Wenn Unternehmen ihr IM AUSLAND GEPARKTES FIRMENVERMÖGEN zurückholen, sollen sie einmalig eine Steuer von acht Prozent auf illiquide Mittel und 15,5 Prozent auf Bargeld und ähnliche Vermögenswerte zahlen. Damit sollen rund 2,6 Billionen Dollar in die USA fließen, die von den Firmen bisher in Übersee gebunkert wurden. Rechtlich war das möglich, weil im Ausland erwirtschaftete Gewinne nicht versteuert werden mussten, so lange sie nicht in die USA überwiesen werden.

Firmen können Anschaffungen umgehend für fünf Jahre ABSCHREIBEN. Ab dem sechsten Jahr sollen die Abschreibungsmöglichkeiten über einen Zeitraum von drei Jahren schrittweise entfallen.

Für SAUBERE ENERGIE aus Wind, Biomasse, Erdwärme, Solarenergie, Abfall und Wasserkraft bleiben Steuererleichterungen erhalten.

Für FONDSMANAGER UND HEDGEFONDS wird ein Schlupfloch verkleinert. So können sie eine geringere Steuer bei Veräußerungsgewinnen geltend machen, wenn sie die Anteile länger als drei Jahre halten. Bisher betrug die Haltedauer ein Jahr.

EINZELPERSONEN

Der SPITZENSTEUERSATZ für unverheiratete Privatpersonen mit einem zu versteuernden Einkommen von über 500.000 Dollar sinkt auf 37 Prozent von 39,6 Prozent. Der Eingangssteuersatz liegt für Einkommen von bis zu 9.525 Dollar bei zehn Prozent. Die Zahl der Steuerstufen bleibt bei sieben. Trump hatte einen Spitzensteuersatz von 35 Prozent und nur drei Steuerstufen angestrebt. Diese Steuerstufen gelten bis 2025.

Die FREIBETRÄGE steigen bei Einzelpersonen für acht Jahre auf 12.700 von 6.350 Dollar.

HYPOTHEKENZINSEN lassen sich nur noch bei Immobilienkrediten in der Höhe von maximal 750.000 Dollar absetzen. Nach 2025 soll die Grenze wieder auf die aktuell geltende eine Million Dollar steigen.

Der Freibetrag bei der ERBSCHAFTSTEUER des Bundes wird auf zehn Millionen Dollar verdoppelt.

AN DIE REFORM GEKNÜPFTE ZUSATZVEREINBARUNGEN:

- Bürger müssen künftig keine Strafe mehr zahlen, wenn sie sich gegen den Abschluss einer Krankenversicherung entscheiden. Damit würde ein zentrales Element der unter Trumps Vorgänger Barack Obama eingeführten Gesundheitsreform gekippt, die Pflichtversicherung.

- Ölbohrungen in einem Naturschutzgebiet Alaskas sollen erlaubt werden. Dies hatte die republikanische Senatorin Lisa Murkowski als Bedingung für ihre Zustimmung zu dem Entwurf gefordert.