In einer international höchst umstrittenen Entscheidung hat US-Präsident Donald Trump Jerusalem als Hauptstadt des Staates Israel anerkannt. "Heute erkennen wir das Offensichtliche an - dass Jerusalem Israels Hauptstadt ist", sagte Trump am Mittwoch in Washington. Jerusalem sei unter anderem Sitz von Regierung und Parlament Israels.

Damit sei jedoch keine endgültige Grenzziehung anerkannt. "Das ist Sache der Parteien." Trump wies das Außenministerium zudem an, mit dem Prozess zur Verlegung der US-Botschaft von Tel Aviv nach Jerusalem zu beginnen. "Dieser Prozess beginnt sofort", sagte Trump. Hochrangige Vertreter des Weißen Hauses hatten zuvor eingeräumt, dass ein Botschaftsneubau viele Jahre in Anspruch nehmen könne.

Eine Zwei-Staaten-Lösung zur Beendigung des Nahost-Konfliktes werde er weiterhin unterstützen, wenn sie von beiden Konfliktparteien gewünscht wird. Damit blieb Trump am Mittwoch bei seiner Linie, die er bereits bei einem Besuch des israelischen Ministerpräsidenten Benjamin Netanyahu in Washington im Februar vorgezeichnet hatte. "Wir wollen einen großartigen Deal für die Israelis und einen großartigen Deal für die Palästinenser", sagte Trump damals.

Hauptstadt zweier Welten

Jerusalem gilt als eines der heikelsten Probleme der Weltpolitik und als einer der fundamentalen Streitpunkte in dem seit Jahrzehnten schwelenden Konflikt zwischen Israelis und Palästinensern. Letztere reklamieren den arabisch geprägten Ostteil für sich und wollen dort die Hauptstadt eines künftigen Palästinenserstaates errichten.

Trump - und wenig später Israels Premierminister Netanyahu - versicherten, der Status der Heiligen Stätten von Christen und Muslimen in Jerusalem werde sich nicht ändern. Die Muslime zählen den Felsendom und die Al-Aksa-Moschee in Jerusalem zu ihren wichtigsten Heiligtümern, die Christen die in Jerusalems Altstadt befindliche Grabeskirche Jesu. Juden beten an der Klagemauer.

Trump erklärte am Mittwoch, er wolle bei der Lösung des Nahost-Konfliktes einen völlig neuen Ansatz verfolgen. "Wir können unsere Probleme nicht lösen, indem wir dieselben falschen Annahmen und dieselben gescheiterten Strategien aus der Vergangenheit wiederholen."

Sein neuer Kurs sei der beste Weg, den Friedensprozess in Nahost voranzubringen, sagte Trump. "Dies ist ein lange überfälliger Schritt, den Friedensprozess weiterzuführen und auf eine tragfähige Vereinbarung hinzuarbeiten", betonte Trump. Israel sei eine souveräne Nation und habe auch das Recht, seine Hauptstadt frei zu wählen.

Die bereits zuvor von hochrangigen Regierungsvertretern angekündigte Entscheidung des Weißen Hauses hat mit Ausnahme von Israel in vielen Ländern der Welt teils scharfen Protest hervorgerufen.

"Die US-Unterstützung für Israel ist sehr stark, die Kurve steigt immer weiter an", sagte Israels Ministerpräsident Benjamin Netanyahu. Auch Präsident Reuven Rivlin begrüßte die Anerkennung Jerusalems als Israels Hauptstadt durch Trump. "Es gibt kein passenderes oder schöneres Geschenk, jetzt wo wir uns 70 Jahren Unabhängigkeit des Staates Israel nähern", sagte Rivlin am Mittwochabend.

Palästinenser-Präsident Mahmoud Abbas hingegen verurteilte Trumps Entscheidung, Jerusalem als Hauptstadt Israels anzuerkennen. "Die amerikanische Regierung hat sich mit dieser Erklärung dazu entschlossen, alle internationalen und bilateralen Resolutionen und Vereinbarungen zu verletzen", sagte Abbas am Mittwoch in Ramallah. "Die Taten Amerikas stellen einen Rückzug von seiner Rolle bei der Unterstützung des Friedensprozesses dar." Der Generalsekretär der Palästinensischen Befreiungsorganisation (PLO), Saeb Erekat, warf Trump die Zerschlagung der Zwei-Staaten-Lösung vor.

Auch die radikal-islamische Palästinenserorganisation Hamas verurteilte die Entscheidung des US-Präsidenten. "Das palästinensische Volk weiß angemessen auf die Missachtung seiner Gefühle und Heiligtümer zu reagieren", sagte Ismail Haniyeh am Mittwochabend. "Trumps Entscheidung (...) wird die historischen und geografischen Fakten nicht verändern." Andere Hamas-Mitglieder äußerten sich weniger gemäßigt. Achmad Bahar, ein führender Hamas-Vertreter, bezeichnete die Entscheidung Trumps als "Kriegserklärung".

Scharfe Kritik kam auch aus dem Iran. Das iranische Außenministerium warnte zudem vor einer neuen Spirale der Gewalt in der Region. "Diese irrationale und provokante Entscheidung wird zu einer weiteren Intifada sowie mehr Extremismus und Gewalt führen".

Türkei und Europa

Die türkische Regierung verurteilte "die unverantwortliche Stellungnahme der US-Regierung". Trump verstoße mit der Anerkennung Jerusalems als Hauptstadt Israels gegen internationales Recht und gegen UN-Resolutionen. Die Entscheidung werde negative Folgen "für den Frieden und die Stabilität in der Region" haben. Die USA müssten ihre "falsche Entscheidung" überdenken, teilte das Außenministerium in Ankara am Mittwochabend mit. Der türkische Präsident Recep Tayyip Erdogan hatte bereits zuvor mit einem Abbruch der diplomatischen Beziehungen zu Israel gedroht und gesagt: "Herr Trump, Jerusalem ist die rote Linie der Muslime."

Frankreichs Präsident Emmanuel Macron kritisierte die Anerkennung Jerusalems als Israels Hauptstadt durch die USA als Rechtsverletzung. Es handle sich um eine einseitige Entscheidung von US-Präsident Donald Trump, sagte Macron am Mittwochabend beim Abschluss seines Algerien-Besuchs in Algier. "Diese Entscheidung verletzt internationales Recht und alle UN-Resolutionen." Macron rief zur Ruhe auf. "Wir müssen um jeden Preis Gewalttätigkeiten vermeiden und den Dialog bevorzugen." Macron hatte sich bereits nach einem Telefongespräch mit Trump zu Wochenbeginn dafür ausgesprochen, dass der Status Jerusalems im Rahmen der Friedensverhandlungen von Israelis und Palästinensern festgelegt werden müsse.

UN-Generalsekretär Antonio Guterres betonte die Notwendigkeit einer Zwei-Staaten-Lösung. "Es gibt keinen Plan B", sagte er in New York kurz nach Trumps Ankündigung. "Ich habe mich immer wieder gegen einseitige Maßnahmen ausgesprochen, die die Aussichten auf einen Frieden zwischen Israelis und Palästinensern gefährden würden", sagte Guterres. Der endgültige politische Status Jerusalems müsse durch direkte Verhandlungen beider Seiten auf Grundlage von UN-Resolutionen beschlossen werden.

Es braucht beide Seiten

Österreichs Außenminister Sebastian Kurz (ÖVP) sprach sich für einen Dialog aus und verwies auf die Position der EU. "Eine Lösung im Nahostkonflikt kann nur durch direkte Gespräche zwischen beiden Seiten erzielt werden", teilte Kurz am Mittwoch mit. Die Festlegung des Status von Jerusalem solle das Ergebnis direkter Verhandlungen beider Seiten sein. Es brauche ein behutsames Vorgehen und es müsse alles dafür getan werden, eine mögliche weitere Eskalation zu vermeiden.

Israel hatte 1967 während des Sechs-Tage-Kriegs den arabisch geprägten Ostteil der Stadt erobert und später annektiert. Es beansprucht ganz Jerusalem als seine unteilbare Hauptstadt. Dieser Anspruch wird international nicht anerkannt. Unter anderem erkennen die Vereinten Nationen nicht ganz Jerusalem als Israels Hauptstadt an. Die Palästinenser sehen in Ost-Jerusalem ihre künftige Hauptstadt.