Der Afrika-Beauftragte der deutschen Bundeskanzlerin hat die rasche Entwicklung von "Wachstumskernen" in Afrika gefordert, um den Migrationsdruck auf Europa zu senken. In einem Reuters-Interview warnte Günter Nooke am Mittwoch zugleich vor Illusionen in der deutschen und europäischen Migrationspolitik.

Der CDU-Politiker widersprach zudem dem geschäftsführenden Außenminister Sigmar Gabriel. Der SPD-Politiker hatte in einem ARD-Interview am Rande des EU-Afrika-Gipfels in Abidjan ebenfalls für legale Wege einer Ausbildung in der EU geworben und Zahlen genannt: "Ich glaube, dass Europa da in jedem Jahr schon mehrere Hundertausend Plätze anbieten kann", sagte Gabriel. Diese Menschen müssten dann nach drei oder vier Jahren freiwillig zurückkehren.

"Dies scheitert daran, dass die Erwartung, dass all diese Menschen auch nach drei oder vier Jahren zurückkehren, bisher nicht erfüllt wurde", sagte Nooke. Man brauche mehr Verlässlichkeit auf der afrikanischen Seite. "Kein Innenminister wird Hunderttausende reinlassen, wenn er nicht sicher ist, dass die meisten zurückgehen", sagte er. Dazu brauche man funktionierende Rücknahmeabkommen. Allerdings fordert auch er wie die Kanzlerin Angela Merkel, illegale Migration zu bekämpfen und im Gegenzug begrenzte legale Wege für eine Berufsausbildung oder ein Studium für junge Afrikaner in Europa zu öffnen. Nooke begleitet Merkel beim EU-Afrika-Gipfel in der Elfenbeinküste (Cote d'Ivoire), auf dem mehr als 70 Regierungen eine engere Zusammenarbeit beider Kontinente in der Wirtschaft-, Bildungs- und Migrationspolitik vereinbaren wollen.

Man dürfe sich dabei aber keine Illusionen machen. "Genauso wie wir mit legaler Migration nach Europa die Probleme nicht lösen, werden wir sie auch mit der Rückführung nach Afrika nicht lösen", mahnte er. Bei der Rückführung gehe es um Tausende oder Zehntausende Menschen. "Aber beim Migrationsdruck, da reden wir über Millionen." Afrika habe bereits eine Bevölkerung von 1,2 Milliarden Menschen, die sich mit 2050 verdoppeln könnte. Viele suchten ein besseres Leben in anderen Ländern. "Aber wir können nicht alle in Europa aufnehmen."

Viel wichtiger sei deshalb, vor Ort Arbeits- und Ausbildungsmöglichkeiten zu schaffen. Nooke verwies auf den EU-Investitionsplan, mit dem über 40 Milliarden Euro an Investitionen in Afrika abgesichert werden könnten. Damit sollten die Rahmenbedingungen für Investitionen verbessert werden. "Es geht darum, in Afrika selbst Wachstumskerne zu schaffen, mit Industrieparks und Sonderwirtschaftszonen. Es geht um Jobs, Jobs, Jobs, Jobs." Wichtig sei allerdings auch eine andere Einstellung afrikanischer Regierungen. "Wir können nicht immer von Deutschland fördern und auf afrikanischer Seite passiert gar nichts." Wichtig wäre etwa die Schaffung einer pan-afrikanischen Freihandelszone und Zollunion. Dann könnte man vor Ort für einen großen afrikanischen Markt produzieren.

Frankreich will mit einem milliardenschweren Fonds kleine und mittlere Unternehmen in Afrika fördern. Die Einrichtung des Fonds gab der französische Präsident Emmanuel Macron am Dienstag bei einem Besuch im westafrikanischen Burkina Faso bekannt.

Er rief die europäischen Partner und private Geldgeber zu Finanzzusagen auf, um das Volumen des Fonds von zunächst einer Milliarde Euro zu verzehnfachen. Dies sei "absolut machbar", sagte Macron in Ouagadougou.

Von Migrationswelle überrollt

Der Präsident wies darauf hin, dass das Wohlergehen Afrikas und Europas zuammen hänge. "Wenn Afrika scheitert, verlieren wir alle, weil Europa von einer Migrationswelle überrollt würde", sagte Macron. Die Gelder des Fonds sollen Unternehmen in Bereichen wie Landwirtschaft und Digitaltechnik zugutekommen.

Burkina Faso war die erste Station von Macrons Afrika-Reise. Am Mittwoch nimmt er in der Elfenbeinküste am EU-Afrika-Gipfel teil. Themen des Treffens unter dem Motto "In die Jugend investieren - für eine nachhaltige Zukunft" sind die Stärkung der afrikanischen Wirtschaft, die Flüchtlingskrise und der Kampf gegen den Terrorismus.

Bei dem Gipfel werden mehr als 5.000 Teilnehmer aus 55 afrikanischen und 28 europäischen Staaten erwartet.