Die deutsche Kanzlerin Angela Merkel (CDU) hat sich strikt gegen Neuwahlen ausgesprochen. "Ich halte überhaupt nichts davon, wenn wir mit dem Ergebnis nichts anfangen können, dass wir die Menschen wieder bitten, neu zu wählen", sagte die CDU-Vorsitzende am Samstag beim Landesparteitag der CDU Mecklenburg-Vorpommern in Kühlungsborn.

Die Politiker hätten von den Wählern das Mandat zu einer Regierungsbildung erhalten. Die geschäftsführende Bundesregierung unter ihrer Führung sei handlungsfähig. Von den rund 150 Delegierten war die Kanzlerin zuvor mit lang anhaltendem Beifall begrüßt worden.

"Billig ist SPD nicht zu haben"

Aus SPD und Union werden erste konkrete Bedingungen für eine Neuauflage der Großen Koalition erhoben. "Den Auftrag haben wir angenommen, aber billig ist die SPD nicht zu haben", erklärte Parteivize Ralf Stegner am Freitagabend im ZDF mit Blick auf die anstehenden Gespräche mit der Union über eine Regierungsbildung. Ein Knackpunkt könnte der Flüchtlingskompromiss der Union sein.

Eine weitere Begrenzung des Familiennachzugs werde es mit der SPD nicht geben, sagte Stegner den Zeitungen der Funke-Mediengruppe (Samstagsausgaben). Die SPD hatte ihr kategorisches Nein zur einer Regierungsbeteiligung auf Druck von Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier aufgegeben. Am Donnerstag hat Steinmeier SPD-Chef Martin Schulz, Kanzlerin Angela Merkel und CSU-Chef Horst Seehofer zu einem gemeinsamen Gespräch eingeladen, um weitere Schritte auszuloten. Noch am Montag hatte die SPD-Spitze für Neuwahlen plädiert.

Kehrtwende

Schulz verteidigte die Kehrtwende. Es gehe darum, dass die SPD - egal, was sie tue - das Leben der Menschen ein Stück besser mache. Die Partei müsse überlegen, aus welcher Position dies am besten möglich sei, sagte er am Freitagabend auf dem Juso-Kongress in Saarbrücken. "Ich strebe gar nix an", sagte er zu den Optionen. Allerdings verwies er darauf, dass eine Partei in der Opposition kaum Gestaltungsmöglichkeiten habe. Er habe dies jahrelang als Fraktionsführer der sozialistischen Fraktion im Europaparlament erfahren. "Und dann habe ich erlebt, wie es kein europäisches Einwanderungsrecht gab. Und kein europäisches Asylrecht....Dann hab ich erlebt, wie das ist, wenn der Markt dereguliert wird anstatt reguliert."

Die rheinland-pfälzische SPD-Ministerpräsidentin Malu Dreyer erklärte, die SPD könne selbstbewusst in die Gespräche mit der Union gehen: "Frau Merkel ist bei Lage der Dinge doch nicht in einer Position, in der sie Bedingungen stellen kann", sagte die SPD-Politikerin dem "Trierschen Volksfreund". Dreyer und Stegner betonten, dass die Kehrtwende nicht zwangsläufig zu einer Großen Koalition führen werde. Ihre Partei werde sich von der CDU nicht erpressen lassen, sagte Dreyer. Merkel kenne das Wahlprogramm der SPD.

"Der Bundespräsident hat uns ermahnt, Gespräche zu führen", erklärte Stegner. "Das müssen wir auch tun. Aber das heißt ja nicht, es gibt einen Automatismus jetzt entweder für eine Große Koalition oder für Neuwahlen." Beides sei nicht gut. Dem zwischen CDU und CSU vereinbarten Kompromiss zur Begrenzung der Zuwanderung werde die SPD nicht zustimmen, sagte der Parteilinke. "Eine Obergrenze, die nicht so heißen darf, verstößt immer noch gegen die Verfassung und die Genfer Flüchtlingskonvention." Zudem verwies der SPD-Vize auf Kernforderungen seiner Partei etwa nach Einführung einer paritätisch von Arbeitgebern und Arbeitnehmern finanzierten Bürgerversicherung im Gesundheitswesen. Für den Arbeitsmarkt verlangte er andere Formen der Arbeitszeit, gleichen Lohn für gleiche Arbeit bei Männern und Frauen und mehr Tarifbindung. Außerdem müssten die grundlos befristeten Arbeitsverhältnisse abgeschafft werden.

SPD-Vorstandsmitglied Heiko Maas forderte seine Partei zu Offenheit für eine Regierungsbeteiligung auf. "Grundsätzlich können wir über alles reden und sollten nichts von vornherein ausschließen", sagte Maas der "Saarbrücker Zeitung". Auch Vorstandsmitglied Nils Annen sagte, Deutschland brauche dringend eine berechenbare und verlässliche Regierung. "Die Große Koalition könnte dafür eine Option sein, und wir sollten sie nicht ausschließen", sagte er der "Passauer Neuen Presse".

Der Präsident des CDU-Wirtschaftsrats, Werner Michael Bahlsen, forderte geringere Beiträge zur Sozialversicherung. "Nachhaltig wäre, die Beiträge zur Arbeitslosenversicherung zu senken. Derzeit hohe Rücklagen machen eine Beitragssenkung um 0,4 Prozentpunkte durchaus möglich, von der sowohl Arbeitnehmer als auch Arbeitgeber profitieren", schrieb Bahlsen in einem Gastbeitrag für das Magazin "Focus". "Und wenn sich die potenziellen Koalitionäre dann noch darauf einigen, die Sozialabgabenquote bei maximal 40 Prozent zu deckeln, wären die Grundlagen gelegt für eine generationengerechte und nachhaltige Sozialpolitik."