Der libanesische Ministerpräsident Saad Hariri ist am frühen Samstagmorgen in Paris eingetroffen. Das melden dpa und AFP unter Berufung auf Quellen aus seinem Umfeld. "Der Premier ist angekommen", hieß es. Einzelheiten wurden zunächst nicht genannt.
Das libanesische Fernsehen zeigte einen Fahrzeugkonvoi, der den Pariser Flughafen Le Bourget verließ, wo die Maschine des Regierungschefs um 07.00 Uhr früh gelandet war. Hariri wollte zu Mittag mit dem französischen Präsidenten Emmanuel Macron zusammentreffen. Wie lange er in Frankreich bleiben wird, war zunächst unklar.
Rücktritt erklärt
Hariri hatte vor zwei Wochen völlig überraschend von Saudi-Arabien aus seinen Rücktritt erklärt. Seitdem hatte er die Golfregion nicht verlassen. Es gab Spekulationen, Saudi-Arabien habe seinen Rückzug erzwungen und ihn festgehalten, um im Libanon Spannungen mit der einflussreichen Schiitenmiliz Hisbollah zu erzeugen.
Die aufsehenerregende Rücktrittserklärung Hariris hatte den Libanon in eine politische Krise gestürzt. Seine Rückkehr nach Beirut wird als Voraussetzung für eine Lösung gesehen. Macron hatte betont, dass er Hariri als Regierungschef des Libanon empfangen werde, weil sein Rücktritt dort bisher nicht anerkannt ist.
Botschafter aus Berlin zurückgerufen
Aus Protest gegen eine Erklärung des deutschen Außenministers Sigmar Gabriel zum Libanon ruft Saudi-Arabien indes seinen Botschafter aus Berlin zurück. "Saudi-Arabien hat beschlossen, seinen Botschafter in Deutschland zu Konsultationen zurückzurufen", meldete die amtliche saudi-arabische Nachrichtenagentur SPA am Samstag.
Es geht demnach insbesondere um Aussagen Gabriels, wonach der zurückgetretene libanesische Regierungschef Saad Hariri nicht gegen seinen Willen in Saudi-Arabien festgehalten werden dürfe. Ein Protestbrief dazu wird laut SPA auch dem deutschen Botschafter in Riad überreicht. Die Nachrichtenagentur zitierte einen Sprecher des saudi-arabischen Außenministeriums, der von "bedauerlichen und ungerechtfertigten Erklärungen" Gabriels sprach.
"Brandgefährliche Entwicklung im Libanon"
Gabriel hatte am Donnerstag den libanesischen Außenminister Gebran Bassil in Berlin getroffen. Danach sprach er von einer "brandgefährlichen Entwicklung im Libanon" und warnte vor "blutigen Auseinandersetzungen" in dem Land sowie mit Nachbarländern. Er prangerte - ohne Saudi-Arabien direkt zu nennen - "politisches Abenteurertum" in der Region an und forderte eine Rückkehr Hariris nach Beirut. Dabei lobte er die französische Einladung für Hariri nach Paris. Niemand dürfe Hariri und seine Familie daran hindern, diese Einladung anzunehmen.
Der libanesische Regierungschef hatte am 4. November in der saudi-arabischen Hauptstadt überraschend seinen Rücktritt erklärt, wobei er schwere Vorwürfe gegen die proiranische Hisbollah-Bewegung erhob, mit der er eine Koalitionsregierung gebildet hatte. Die Umstände seines Rücktritts führten zu Spekulationen, dass Riad ihn zum Rücktritt gezwungen habe. Libanons Präsident Michel Aoun erhob auch den Vorwurf, dass Hariri in Saudi-Arabien festgehalten werde.
Nach tagelangen Spekulationen und diplomatischen Bemühungen flog Hariri zusammen mit seiner Frau am Samstag von Riad nach Paris ab. Unklar war, ob auch ihre Kinder dabei waren. Kurz vor dem Abflug hatte Hariri im Kurzbotschaftendienst Twitter mitgeteilt: "Zu sagen, dass ich in Saudi-Arabien festgehalten werden und es mir verboten sei, das Land zu verlassen, ist eine Lüge." Dabei wandte er sich explizit auch an Gabriel.
Der Rücktritt Hariris droht das fragile Gleichgewicht im Libanon zu zerstören und die seit dem Ende des blutigen Bürgerkriegs 1990 ohnehin nie gelösten Konflikte zwischen den Volksgruppen erneut zu verschärfen. Es wird von vielen befürchten, dass der Staat zum Schauplatz eines neuen Stellvertreterkrieges zwischen den rivalisierenden Regionalmächten Iran und Saudi-Arabien werden könnte