Sie ist zierlich und ist nur eineinhalb Meter groß. Aber Soraya Saenz de Santamaria (46) bestätigt, dass der Schein oft trügt. Denn die stellvertretende Ministerpräsidentin Spaniens, die auf Anweisung ihres Chefs Mariano Rajoy ab Samstag die aufmüpfige Region Katalonien zur Normalität zurückzuführen versucht, ist eine sehr starke, sehr ehrgeizige Frau.
"Die mächtigste Frau Spaniens", schreibt nicht nur die Wirtschaftszeitung "El Economista". Die gelernte Juristin startete ihre politische Karriere mit 29. Im Bus fuhr die junge Anwältin von ihrer Geburtsstadt Valladolid in die Hauptstadt Madrid, um sich als Beraterin beim damaligen Bildungsministers Rajoy zu bewerben. "Man hat mich genommen, weil ich dem Druck standhalte", sagte sie einmal. Seit 2004 sitzt sie für Rajoys konservative Volkspartei (PP) im spanischen Parlament. Die Nummer zwei im Palacio de la Moncloa, dem Regierungssitz, ist sie seit 2011.
Bis heute bilden sie und Rajoy ein eingespieltes eisernes Duo, das sich stets sachlich-kühl und resolut präsentiert. Als es darum ging, die Separatisten in Katalonien zu warnen und zur Rückkehr zur Rechtmäßigkeit aufzurufen, trat oft Rajoys Vize im Namen Madrids vor die Mikrofone. "Die Demokratie wird in Katalonien mit Füßen getreten", sagte sie zum Beispiel jüngst.
Maria Soraya Saenz de Santamaria Anton heißt sie mit vollem Namen. In Spanien wird sie aber fast nur "Soraya" genannt. Die Frau eines Anwalts und Mutter des sechsjährigen Ivan war schon als Kind sehr ehrgeizig. In einer Biografie erzählen ehemalige Lehrer, die Tochter einer Friseurin und eines Mannes ohne gelernten Beruf sei in Tränen ausgebrochen, wenn sie in der Schule keinen glatten Einser bekommen habe.
Die "kleine Ameise" habe sich nun zur "Killerin" entwickelt, heißt es im Buch "La Vicepresidenta" von 2011. In der Tat holt sie für Rajoy oft die Kastanien aus dem Feuer. Nun eilt sie für ein Jahressalär von rund 74.000 Euro zur "Rettung" nach Katalonien. Dort muss sie, wie die renommierte spanische Zeitung "El Pais" schrieb, "die größte Herausforderung" der spanischen Demokratie" bewältigen. Wenn sie das schafft, dann dürfte die Prognose ihres PP-Kollegen Alfonso Alonso Wirklichkeit werden: "Soraya wird einmal Regierungschefin sein."
Emilio Rappold/dpa