Seine Aufgabe als SPD-Chef sehe er darin, "die Partei zu reformieren, sie programmatisch und organisatorisch neu aufzustellen", sagte Martin Schulz den Zeitungen der Funke Mediengruppe. Es gehe nun darum, "das schlechteste SPD-Ergebnis der Nachkriegszeit aufzuarbeiten. Wir dürfen nicht so tun, als sei das einfach nur ein Betriebsunfall gewesen." Für den SPD-Parteitag, der Anfang Dezember in Berlin stattfindet, kündigte der seit sieben Monaten amtierende Parteichef "eine Aufarbeitung der letzten anderthalb Jahrzehnte" an. Es gehe um die programmatische Aufstellung "für eine neue, digitalisierte Welt der Arbeit", um Verteilungsgerechtigkeit und Partizipation.

Fehlentwicklungen der Agenda-Reformpolitik des früheren Bundeskanzlers Gerhard Schröder (SPD) seien korrigiert, sagte Schulz. "Wir müssen uns der Sicherheitsfrage zuwenden: innere Sicherheit, äußere Sicherheit, soziale Sicherheit", forderte er. "Es geht um Sicherheit am Arbeitsplatz, im Gesundheitssystem, bei der Bildung, der Pflege, um Sicherheit im Alter."

SPD hat sich "entfremdet"

Die SPD müsse dabei Glaubwürdigkeit zurückgewinnen, sagte Schulz. Viele Menschen hätten "das Vertrauen verloren, dass die SPD die Partei der Menschen ist, die auf den Schutz des Staates angewiesen sind". Die SPD habe sich "entfremdet von den Leuten, die uns am meisten brauchen, weil sie sich im Staat nicht selbst behaupten können".

Zugleich kündigte Schulz an, mit den Gewerkschaften über neue Formen der Beschäftigung zu diskutieren. "Wir brauchen zwingend tarifgebundene Arbeitsverhältnisse. Aber es sind Bereiche entstanden, die nicht mehr in die klassische Arbeitgeber-Arbeitnehmer-Struktur hineinpassen", sagte der SPD-Chef. "So wichtig das sogenannte Normalarbeitsverhältnis ist - die SPD muss auch zur Partei der Selbstständigen werden."

Die Frage, ob er ein weiteres Mal als Kanzlerkandidat antreten werde, stelle sich "zum jetzigen Zeitpunkt nicht", sagte Schulz weiter. "Wenn wir überhaupt in absehbarer Zeit wieder daran denken wollen, das Kanzleramt zu erobern, müssen wir die Partei umfassend reformieren." Parteichef wolle er bleiben, bekräftigte Schulz und fügte hinzu: "Vorausgesetzt, ich bekomme eine Mehrheit auf dem Parteitag."