Im Streit um eine Reform der Entsenderichtlinie hat die EU-Kommission einen Kompromiss gemeldet. "Wir haben eine ausgewogene Vereinbarung erzielt", sagte EU-Sozialkommissarin Marianne Thyssen am Montagabend nach einem Treffen der EU-Arbeits- und Sozialminister in Luxemburg. Allerdings sprachen sich die Vertreter Polens, Ungarns, Litauens und Lettlands gegen den Kompromiss aus.

Über die Richtlinie zur Entsendung von Arbeitnehmern wird sei geraumer Zeit gestritten: Nach der ursprünglichen EU-Richtlinie von 1996 kann eine Firma ihre Angestellten befristet zur Arbeit in andere Länder schicken und dabei weiter Sozialabgaben wie im Heimatland zahlen. Die Osterweiterung der EU hat dazu geführt, dass Firmen aus Polen und anderen osteuropäischen Länder diese Regelung intensiv nutzen.

Frankreich und andere westliche EU-Staaten sehen darin eine Wurzel von Lohn- und Sozialdumping. Insbesondere Frankreichs Staatschef Emmanuel Macron drängt deswegen auf eine Reform. Die Osteuropäer wollen dagegen möglichst wenig ändern.

Zwölf Monate Begrenzung

Die EU-Kommission hatte vor zehn Monaten einen Reformvorschlag vorgelegt. Sie will, dass künftig für die entsandten Arbeitnehmer im Prinzip dieselben Regeln gelten wie für Mitarbeiter an Ort und Stelle. Umstritten in den Verhandlungen sind insbesondere drei Punkte: die Dauer der Entsendung, das Datum für den Start der Reform und die Frage der Einbindung des Speditionsgewerbes.

Bei dem nun erzielten Kompromiss wird die Entsendung auf zwölf Monate begrenzt, wie von Deutschland und Frankreich gefordert. Allerdings soll sie auf Antrag des Unternehmens um sechs weitere Monate verlängerbar sein. Ursprünglich hatte die EU-Kommission eine Begrenzung auf 24 Monate vorgeschlagen.

Beim Speditionsgewerbe sollen vorerst weiterhin die Regeln der alten EU-Entsenderichtlinie gelten. Neue Regelungen sollen zu einem späteren Zeitpunkt in einer Reform einer EU-Richtlinie zum Transportsektor festgehalten werden. Beim Speditionsgewerbe sorgen sich nicht nur osteuropäische Staaten um die Auswirkung auf ihre Lkw-Fahrer; auch Spanien und Portugal fürchten hier Nachteile.

Während Polen, Ungarn, Lettland und Litauen sich am Montagabend dem Kompromiss widersetzten, enthielten sich die Vertreter Großbritanniens, Irlands und Kroatiens. Die anderen Länder hätten sich für die Vereinbarung ausgesprochen, hieß es von Seiten der estnischen EU-Ratspräsidentschaft.

Für eine Reform der EU-Entsenderichtlinie bedarf es einer qualifizierten Mehrheit. Das bedeutet, dass 55 Prozent der Mitgliedsstaaten, die gleichzeitig mindestens 65 Prozent der EU-Bevölkerung repräsentieren, für die Reform stimmen.