Der tschechische Präsident Milos Zeman will den Sieger der Parlamentswahlen vom Freitag und Samstag, den populistischen Milliardär Andrej Babis, mit der Regierungsbildung beauftragten. Dies teilte Zeman am Sonntagnachmittag mit. Medienberichten zufolge wollten die beiden bereits am Montag auf dem Landsitz des tschechischen Präsidenten, dem mittelböhmischen Schloss Lany, zusammenkommen.
Zeman nahm den Wahlsieger zugleich gegen den unschmeichelhafte Vergleiche mit Self-Made-Politikern wie Donald Trump oder Silvio Berlusconiin Schutz. Babis sei kein Populist, sondern ein "Pragmatiker", meinte der Präsident.
Die Protestbewegung ANO (Allianz unzufriedener Bürger) hatte die Wahl mit fast 30 Prozent der Stimmen gewonnen und damit die restlichen Parteien deklassiert. Die bisher regierenden Sozialdemokraten (CSSD) verloren zwei Drittel ihrer Wähler und stürzten vom ersten auf den sechsten Platz in der Wählergunst ab. So wurde die CSSD auch von der europaskeptischen konservativen ODS, der mit der FPÖ verbündeten rechtspopulistischen Partei "Freiheit und direkte Demokratie" (SPD), der Piratenpartei sowie den Kommunisten (KSCM) überholt. Die europafreundliche TOP09 von Ex-Außenminister Karel Schwarzenberg schaffte mit 5,3 Prozent der Stimmen nur knapp den Wiedereinzug ins Prager Abgeordnetenhaus.
Aus der ANO-Zentrale verlautete unterdessen, ANO würde die bisherige Koalition mit den Sozialdemokraten (CSSD) und der christdemokratischen Volkspartei (KDU-CSL) bevorzugen. Allerdings betonten die beiden Parteien, sie würden auf keine Regierungszusammenarbeit mit ANO eingehen, falls Babis persönlich dem Kabinett angehören sollte. Der Grund für die Ablehnung ist die kürzlich eröffnete strafrechtliche Verfolgung von Babis wegen angeblichen EU-Subventionsbetruges.
Der Verteidigungsminister und Mitglied des ANO-Verhandlungsteams, Martin Stropnicky, interpretierte die Haltung der CSSD als erste Reaktion auf eine Enttäuschung, weil die Wahlen ein "Waterloo" für die Sozialdemokraten gewesen seien. Die Partei war von rund 30 Prozent auf 7 Prozent abgestürzt.
Die konservative Demokratische Bürgerpartei (ODS), die mit einem großen Abstand als zweitstärkste Gruppierung aus dem Urnengang hervorging, hat eine gemeinsame Regierung mit ANO - auch ohne Babis persönlich - kategorisch ausgeschlossen. Nicht einmal die Duldung eines von ANO geführten Minderheitskabinetts käme in Frage, versicherte ODS-Chef Petr Fiala.
Die polizeilichen Ermittlungen gegen Babis stellen sich zunächst als Hindernis für die Regierungsbildung dar. ANO betonte aber, dass Babis ihr "eindeutiger und klarer Kandidat" fürs das Premieramt sei. Bisherige Spekulationen, wonach ein anderer ANO-Politiker nominiert werden könnte, etwa Vizepremier und Umweltminister Richard Brabec, wies ANO zurück.
Staatspräsident Milos Zeman äußerte sich zu den Wahlergebnissen zunächst nicht. Vor der Abstimmung hatte er jedoch erklärt, er werde sich nicht beeilen und die Chefs der Parlamentsparteien erst nach dem Staatsfeiertag (28. Oktober) zu Konsultationen auf die Prager Burg einladen. Als sehr wahrscheinlich gilt aber, dass er schließlich Babis mit der Regierungsbildung beauftragen wird, wie er bereits vor den Wahlen trotz der Anschuldigungen gegen Babis signalisiert hatte.
Obwohl Babis erklärte, er wolle sich schnell auf eine Koalition einigen, steht Tschechien offenbar schwierige Regierungsbildung bevor. ANO kann aber darauf hoffen, dass es in einigen Parteien, etwa bei der CSSD, zu personellen Änderungen und damit auch einer Haltungsänderung gegenüber dem ANO-Chef kommen würde. Außerdem könnte Babis auf das Gespenst von eventuellen Neuwahlen hoffen, weil ANO die Abstimmung offenbar noch mit einem größeren Vorsprung gewinnen könnte, hieß es.