Alle Seiten müssten sich für ein Ergebnis einsetzen, "hinter dem wir stehen können und das wir vor unseren Leuten rechtfertigen können", sagte May nach Angaben ihrer Regierung am Donnerstagabend.
May richtete demnach eine direkte Bitte an ihre europäischen Kollegen: "Es besteht die klare und dringende Notwendigkeit, dass die Dynamik, die sie schaffen, uns gemeinsam voranbringt." Die Premierministerin verwies beim Abendessen mit ihren Kollegen darauf, dass sie kürzlich mit ihrer Grundsatzrede in Florenz selbst die Initiative ergriffen und damit für einen "neuen Geist" in der Brexit-Debatte gesorgt habe. "Ich habe die Schwierigkeiten erkannt, in denen der Prozess steckte", sagte sie demnach.
Bei dem Appell hatte May nach Angaben aus britischen Regierungskreisen auch innenpolitische Zwänge im Auge. In ihrer Konservativen Partei erhalten radikale Austrittsbefürworter Zulauf, die sich einen "harten Brexit" - also ein Ausscheiden Großbritanniens aus der EU ohne Einigung mit Brüssel - vorstellen können. "Es ist eine Tatsache, dass die Premierministerin vor einem schwierigen politischen Hintergrund agiert", sagte ein britischer Regierungsvertreter. May wolle ihren EU-Kollegen klar machen, wie wichtig eine Brexit-Vereinbarung sei, "von der die Briten glauben, dass sie im besten Interesse Großbritanniens ist".
Anders als zunächst von London erhofft, wird der Brüsseler Gipfel noch nicht Grünes Licht für den Übergang in die zweite Verhandlungsphase von den Fragen der Trennung zu den künftigen Beziehungen geben. Hauptgrund für die Verzögerung sind fehlende Fortschritte in den Gesprächen über die Finanzforderungen der EU an Großbritannien. Sie werden in Brüssel auf 60 bis 100 Milliarden Euro geschätzt. London hat bisher nur rund 20 Milliarden Euro in Aussicht gestellt.
Dagegen wollen die Staats- und Regierungschefs nach dem Entwurf der Gipfelerklärung bei der Zukunft der 3,2 Millionen EU-Bürger in Großbritannien "die gemachten Fortschritte begrüßen". Auch in der Frage der künftigen Grenze zwischen Irland und dem zu Großbritannien gehörenden Nordirland sehen sie "einige Fortschritte".
Die Staats- und Regierungschefs wollen sich bei ihrem Gipfel im Dezember erneut mit der Frage befassen, ob nun die Zeit für den Übergang in Phase zwei gekommen ist. Als Zugeständnis an May beim jetzigen Treffen plant die EU aber, schon interne Vorbereitungen auf Phase zwei zu beginnen. Dies schließt auch einen möglichen Übergangszeitraum nach dem Brexit im März 2019 ein, den May vorgeschlagen hatte.