In Deutschland haben sich die konservativen Unionsparteien CDU/CSU, die liberale FDP und die Grünen nach ihrem ersten Treffen zuversichtlich für weitere Gespräche hin zu einer "Jamaika-Koalition" gezeigt. Sie machten aber auch keinen Hehl daraus, dass bis zur Fixierung eines Koalitionsvertrags noch ein langer und schwieriger Weg bevorsteht.

CSU-Chef Horst Seehofer zeigte sich zufrieden. "Es war kein schlechter erster Tag". Es sei nicht um einzelne Fachthemen, sondern um Organisatorisches sowie "Grundphilosophien, Grundeinstellungen" gegangen. "Es gab keine Verspannungen", sagte der bayerische Ministerpräsident. Man habe darüber geredet, was man tun müsse, um die Spaltung der Gesellschaft, die Polarisierung aber auch die Radikalisierung in Deutschland durch gute Politik zurückzudrehen. "Das waren auch schon vernünftige Diskussionen." Bis zu einer Koalition sei es aber noch ein langer Weg.

Grünen-Bundesgeschäftsführer Michael Kellner sprach von einem guten und konstruktiven Treffen. Man habe über einige Themen gesprochen und nach Lösungen gesucht, wie der Zusammenhalt in der Gesellschaft verbessert werden könne. Er freue sich nun auf die Gespräche mit der FDP an diesem Donnerstag und am Freitag erstmals in der großen Runde.

Differenzen in der Flüchtlingspolitik

Differenzen zwischen den beiden Parteien gibt es unter anderem in der Flüchtlingspolitik, wo vor allem die Christsozialen eine verbindliche Begrenzung der Migration erreichen wollen. Die Grünen wiederum pochen auf schärfere Vorgaben für die Landwirtschaft und die Massentierhaltung sowie in der Klima- und Energiepolitik.

CDU-Generalsekretär Peter Tauber, der eher moderierend argumentierte, sprach am Abend von zwei guten Gesprächen mit Grünen und FDP. Man höre einander zu. Es sei aber auch deutlich geworden, dass es Trennendes gebe. Dies müsse jetzt überwunden werden. Aber das sei noch ein weiter Weg, sagte auch er.

Unter Führung von Kanzlerin Angela Merkel (CDU) und CSU-Chef Horst Seehofer war die Union am Mittwoch zu Einzelgesprächen mit FDP und Grünen zusammengekommen. Am Donnerstag (13.00 Uhr) treffen sich die beiden kleineren potenziellen Jamaika-Partner zu einem ersten Meinungsaustausch. Beide treten mit jeweils sechs Teilnehmern an. Dabei dürften sie ausloten, in welchen Punkten Gemeinsamkeiten bestehen, die möglicherweise zusammen in die Gespräche mit der Union eingebracht werden könnten.

Allerdings bestehen auch zwischen den beiden kleineren Parteien zum Teil erhebliche Differenzen, etwa bei der Energie- und Klimapolitik, wie bei dem von den Grünen geforderten Ausstieg aus den Verbrennungsmotoren oder bei der Europa- und Flüchtlingspolitik einschließlich einer Ausweitung der Zahl der sicheren Herkunftsländer. Am Freitagnachmittag beginnen dann die Gespräche erstmals in großer Runde.

"Wir haben ein gutes Gefühl"

Das Treffen von Union und FDP verlief am Mittag nach Angaben aller Teilnehmer in konstruktiver und angenehmer Atmosphäre. "Nach diesem ersten Gespräch haben wir ein gutes Gefühl", sagte Tauber. Seine FDP-Generalsekretärin Nicola Beer ergänzte, zwischen Berlin und Jamaika lägen etwa 8500 Kilometer. Erste Schritte seien geschafft worden. Für die CSU betonte Generalsekretär Scheuer, das Treffen mit den Freidemokraten sei "vom gegenseitigen Verständnis und vom Miteinander" geprägt gewesen.

Seehofer hatte sich schon am Vorabend in Berlin mit der Grünen-Spitze getroffen und am Mittwochvormittag mit FDP-Chef Christian Lindner. Es seien Kennenlernbesuche gewesen, wie dies "zum guten Anstand" gehöre, sagte der bayerische Ministerpräsident. Verhandelt habe man aber noch nicht.

Schwierige Gespräche

Allgemein gehen alle vier Parteien von schwierigen Gesprächen und Verhandlungen aus. Seehofer sagte, man werde große Konzentration und Anstrengung brauchen, um gute Ergebnisse zu erzielen. Er hoffe, dass noch vor Weihnachten ein Koalitionsvertrag stehe. Sicher sagen könne man das aber nicht.

Zunächst gehe es um Standortbestimmungen der einzelnen Parteien sowie um deren vorrangige Projekte, sagte Seehofer. Zu den zahlreichen roten Linien, die die Gesprächspartner vorher gezogen hatten, sagte er, er habe in der Politik schon viele rote Linien erlebt, die dann eingerollt würden, wenn es konkret werde.

CSU-Landesgruppenchef Alexander Dobrindt sagte vor Beginn der Treffen, CDU und CSU hätten mit der FDP deutlich mehr gemeinsam als mit den Grünen. Daher werde es jetzt sehr darauf ankommen, welche Signale die Grünen aussendeten.