Tut er es oder tut er es nicht? Der Chef der Regionalregierung, Carles Puigdemont, wird heute Abend um 18.00 Uhr eine Rede halten - und darin könnte er den Bruch mit Spanien ankündigen: Trotz Mahnungen aus der EU und Warnungen aus Madrid bekräftigen die Separatisten ihren Scheidungswunsch.
Die Katalanische Nationalversammlung (ANC), der Dachverband mehrerer Hundert separatistischer Bürgerinitiativen, hat zudem für Dienstag zu einer Demonstration für die Unabhängigkeit der Region aufgerufen. Die Anhänger der Abspaltung sollen sich demnach ebenfalls um 18.00 Uhr vor dem Parlamentsgebäude in Barcelona versammeln.
Am Tag vor dem Auftritt Puigdemonts vor dem Regionalparlament von Katalonien hatte die Zentralregierung in Madrid den katalanischen Regierungschef mit scharfen Worten vor der Ausrufung der Unabhängigkeit gewarnt. Der Sprecher der Volkspartei (PP) von Ministerpräsident Mariano Rajoy, Pablo Casado, wies am Montag in Madrid auch alle Aufrufe zum Dialog erneut zurück.
"Wir werden nicht nachgeben, und es gibt auch nichts zu verhandeln mit den Putschisten", sagte Casado vor Journalisten. Sollte Puigdemont bei seiner Rede tatsächlich die Loslösung Kataloniens von Spanien und die Unabhängigkeit der Region verkünden, werde Rajoy "mit harter Hand" reagieren, hieß es.
PR-Sprecher zieht Vergleich zu 1934
Für viel Wirbel sorgte vor allem folgende Aussage Casados: "Wer sie (die Unabhängigkeit) erklärt, endet womöglich so wie derjenige, der sie vor 83 Jahren erklärt hat." 1934 hatte der linke Regierungschef Kataloniens, Lluis Company, einen unabhängigen Staat ausgerufen. Er und die gesamte Regionalregierung wurden daraufhin nach wenigen Stunden von der spanische Armee festgenommen. 1940 wurde Companys vom Regime von Diktator Francisco Franco (1939-1975) hingerichtet.
Bei einem von der Justiz in Madrid verbotenen Referendum hatten sich am 1. Oktober mehr als 90 Prozent der Teilnehmer für die Trennung von Spanien ausgesprochen. Allerdings hatten nur 43 Prozent der Wahlberechtigten abgestimmt.
Puigdemont will am Dienstagabend vor dem Parlament eine mit Spannung erwartete Rede halten. Ob er dabei die Unabhängigkeit ausrufen wird, war unklar. Offiziell will er lediglich über die aktuelle politische Situation sprechen. In den Beziehungen zwischen Barcelona und der Zentralregierung in Madrid herrscht seit der Abstimmung Eiszeit.