Die deutsche Kanzlerin Angela Merkel (CDU) hat die FDP und die Grünen für Mittwoch nächster Woche (18. Oktober) zu getrennten Sondierungsgesprächen über eine sogenannte Jamaika-Koalition eingeladen. Am folgenden Freitag (20. Okt.) sei dann ein gemeinsames Treffen von Union, FDP und Grünen geplant, sagte die CDU-Vorsitzende am Montag bei einer Pressekonferenz mit CSU-Chef Horst Seehofer in Berlin.
Für Zündstoff dürfte dabei die unionsinterne Verständigung auf eine Flüchtlings-Obergrenze sorgen. CDU und CSU hatten sich am Sonntagabend auf das Ziel verständigt, maximal 200.000 Flüchtlinge pro Jahr aufzunehmen. Der Kompromiss sieht aber Ausnahmen für Sondersituationen vor. Außerdem bekennen sich CDU und CSU ausdrücklich zum Recht auf Asyl im Grundgesetz und zur Genfer Flüchtlingskonvention.
Merkel sieht in dem Kompromiss eine gute Grundlage für Sondierungsgespräche mit der FDP und den Grünen. CDU und CSU hätten ein "gemeinsames Ergebnis erreicht, dass ich für eine sehr, sehr gute Basis halte, um dann jetzt in die Sondierungen zu gehen mit FDP und Bündnis 90/Die Grünen", sagte sie bei der Pressekonferenz mit Seehofer.
FDP und Grüne skeptisch über Kompromiss
FDP-Vizechef Wolfgang Kubicki zeigte sich hingegen überzeugt, dass der Kompromiss die Koalitionsverhandlungen nicht überstehen wird. "Die Unionseinigung zur Obergrenze beziehungsweise Kontingentierung wird nur eine kurze Halbwertszeit haben", sagte Kubicki in seiner ersten Reaktion am Montag. Die FDP werde bei Koalitionsverhandlungen "einen konstruktiven Vorschlag unterbreiten, mit dem Problem ungeregelten Zuzugs fertig zu werden", kündigte Kubicki an.
Die Grünen sehen die Einigung ebenfalls kritisch. Der Kompromiss enthalte "Punkte, die wir bisher klar abgelehnt haben", darunter die Festlegung sicherer Herkunftsländer und Abschiebeeinrichtungen, sagte die Parteivorsitzende Simone Peter im WDR. Zudem wolle die Union die verschiedenen Flüchtlingsgruppen gegeneinander ausspielen. Eine Einigung bei den anstehenden Sondierungsgesprächen mit Union und FDP schloss Peter gleichwohl nicht aus. "Wir werden unsere Anliegen deutlich machen", sagte sie. "Entweder es reicht, oder es reicht nicht. Beide Optionen sind möglich."
AfD: Obergrenze zu hoch
Kritik kam auch von anderen im Bundestag vertretenen Parteien. Für den AfD-Fraktionsschef Alexander Gauland ist die Zahl der Obergrenze "nicht nur willkürlich und viel zu hoch festgelegt, sondern auch pure Augenauswischerei, da trotzdem niemand an der Grenze zurückgeschickt werden soll". Aus anderen Gründen lehnt die Linke den Kompromiss ab. "Dies ist die Fortsetzung der Anbiederung an den rechten Sumpf, die schon vor den Wahlen die Rassisten von der AfD stark gemacht hat", sagte die innenpolitische Sprecherin der Linksfraktion im Bundestag, Ulla Jelpke und bezeichnete die Einigung als "menschenrechtliche Bankrotterklärung".
Mit Zufriedenheit reagierte unterdessen die CSU. Generalsekretär Andreas Scheuer sagte im Bayerischen Rundfunk: "Die CSU ist sehr zufrieden." Auf die Frage, ob das nun wirklich die von der CSU geforderte Obergrenze sei, sagte Scheuer: "Wenn die Inhalte passen, dann ist sie das." CSU-Vize und EVP-Vorsitzender im Europaparlament, Manfred Weber, betonte indes: "Das ist ein großer Erfolg für die CSU und ganz persönlich für Horst Seehofer." Weber forderte ein Ende der CSU-internen Debatten über die Zukunft des Parteichefs.