Ein Gericht in der bosnischen Hauptstadt Sarajevo hat am Montag den früheren Kommandanten der bosnischen Muslime in Srebrenica, Naser Oric, freigesprochen. Der 50-Jährige hatte sich wegen der Ermordung von drei Kriegsgefangenen während des Bosnienkriegs (1992 bis 1995) verantworten müssen.
Kriegsheld für bosnische Muslime
Der einstige Personenschützer des früheren serbischen Präsidenten Slobodan Milosevic gilt vielen bosnischen Muslimen als Kriegsheld. Während des Bosnienkriegs organisierte er die Verteidigung der Stadt Srebrenica, in der später serbische Einheiten rund 8.000 muslimische Männer und Buben töteten. Das Massaker gilt als das schlimmste Kriegsverbrechen in Europa seit dem Ende des Zweiten Weltkriegs und wurde als Völkermord eingestuft.
Oric war 2006 vom Internationalen Kriegsverbrechertribunal für das ehemalige Jugoslawien in Den Haag zu zwei Jahren Haft verurteilt worden. In einem Berufungsverfahren wurde er aber freigesprochen.
Scharfe Kritik aus Serbien
Der Freispruch des Ex-Kriegskommandanten wird von den bosnischen Serben erwartungsgemäß scharf kritisiert. Milorad Dodik, der bosnische Serbenführer und Präsident der Republika Srpska, brachte in seiner ersten Reaktion am Montag erneut die umstrittene Volksabstimmung über die gesamtstaatliche Justiz ins Spiel. Kritik kam auch aus Serbien.
Dodik, der die Abtrennung und Unabhängigkeit der Republika Srpska beansprucht, forderte am Montag alle bosnischen Serben, die in der gesamtstaatlichen Justiz in Sarajevo tätig sind, erneut auf, ihre Posten aufzugeben. Das berichtete die Tageszeitung "Nezavisne novine".
Wenig begeistert von dem Urteil zeigte sich auch das kroatische Mitglied der bosnischen Staatsführung Dragan Covic. Als "kleiner Schritt rückwärts" bezeichnete der derzeitige Präsident des dreiköpfigen Staatspräsidiums laut Medienberichten von Montag den Freispruch. Das Urteil werde sicher negative Rhetorik zur Folge haben, befürchtete Covic.