Die Regierung Kataloniens will am Sonntag ein "verbindliches Referendum" über die Abspaltung der Region von Spanien durchführen. Sie hält an dem Plan fest, obwohl die Volksbefragung vom spanischen Verfassungsgericht untersagt wurde. Die spanische Zentralregierung in Madrid versucht, die Abstimmung mit allen Mitteln zu verhindern. Wie der Wahltag ablaufen wird, wagt deshalb niemand vorherzusagen.

WAS WIR WISSEN

ABLAUF DER ABSTIMMUNG: Die Regionalregierung von Carles Puigdemont will am Sonntag um 9.00 Uhr MESZ in ganz Katalonien insgesamt 3215 Wahllokale öffnen. Die gut 5,3 Millionen eingetragenen Wahlberechtigten sollen ihre Stimme bis 20.00 Uhr abgeben dürfen.

HALTUNG DER JUSTIZ: Das Verfassungsgericht hat sowohl das "Referendumsgesetz" als auch das "Abspaltungsgesetz" der Katalanen gekippt. Das erste sollte als rechtliche Grundlage für die Abstimmung vom 1. Oktober dienen. Das zweite sollte die Übergangsperiode nach einer Unabhängigkeitserklärung regeln.

HALTUNG DER ZENTRALREGIERUNG UND DER SICHERHEITSBEHÖRDEN: Spaniens Ministerpräsident Mariano Rajoy sagte bis zuletzt, das Referendum sei illegal und werde nicht stattfinden. Die Polizei wurde von der Generalstaatsanwaltschaft angewiesen, die Öffnung der Wahllokale und die Abgabe von Stimmen zu verhindern.

HALTUNG DER REFERENDUMS- UND UNABHÄNGIGKEITSGEGNER IN KATALONIEN: Diejenigen unter den Katalanen, die gegen die Unabhängigkeit oder auch "nur" gegen die Abhaltung eines illegalen Referendums sind, wollen nicht teilnehmen. Unter anderem auch, um der Abstimmung keine "Legitimität" zu verschaffen. Sollte tatsächlich so etwas wie eine Abstimmung stattfinden, ist deshalb von einem Sieg des "Ja"-Lagers auszugehen.

HALTUNG DER REGIONALREGIERUNG: Die Regionalregierung will bei einem Votum für die Abspaltung innerhalb von nur 48 Stunden die Unabhängigkeit Kataloniens ausrufen. Das Abspaltungsgesetz sah unter anderem die Ausarbeitung einer katalanischen Verfassung sowie die Abhaltung von Parlamentswahlen innerhalb eines Jahres sowie die Aneignung von Besitz des spanischen Staates in Katalonien vor.

KUNDGEBUNGEN: Beobachter gehen davon aus, dass die Menschen am Sonntag zu Hunderttausenden auf die Straßen gehen werden - unabhängig davon, ob die Wahllokale geöffnet werden oder nicht.

WAS WIR NICHT WISSEN

WERDEN DIE WAHLLOKALE TATSÄCHLICH ÖFFNEN?: Um die Sperrungen durch die Polizei zu verhindern, haben Hunderte von Aktivisten in ganz Katalonien Schulen und weitere öffentliche Gebäude, die als Wahllokale dienen sollen, in der Nacht zum Samstag besetzt. Ob die Lokale am Sonntag tatsächlich öffnen werden, war am Samstag ungewiss.

AUSZÄHLUNG DER STIMMEN UND ERGEBNIS DES REFERENDUMS: Vor dem Hintergrund der komplizierten Lage hat die katalanische Regierung zunächst nicht mitgeteilt, wann und wie die Auszählung der abgegebenen Stimmen stattfinden wird.

ERWARTUNGEN DER REGIONALREGIERUNG: Die Regionalregierung hat nicht mitgeteilt, bei welchem Beteiligungsniveau sie von einer erfolgreichen Abhaltung des Referendums wird sprechen können.

REAKTION DER SEPARATISTEN BEI REPRESSIONSAKTIONEN DER POLIZEI: Man weiß nicht, wie die Separatisten - also die Regionalregierung und die Unterstützer einer Abspaltung - reagieren werden, falls die Polizei die Stimmabgabe mit Gewalt verhindert sollte. Die Separatisten betonten bisher stets, man setze nur auf friedliche Aktionen.