Eine Gerichtsmedizinerin in den USA hat keine Beweise dafür gefunden, dass der nach seiner Rückkehr aus Nordkorea verstorbene US-Student Otto Warmbier gefoltert wurde. Warmbiers Leichnam habe keine eindeutigen Folterspuren aufgewiesen, sagte Lakshmi Sammarco, Gerichtsmedizinerin im Bundesstaat Ohio, am Mittwoch bei einer Pressekonferenz.

Der 22-Jährige habe aufgrund von Sauerstoffmangel Hirnschäden erlitten. Der Grund dafür sei unklar.

Sammarco reagierte auf Folter-Vorwürfe von Warmbiers Eltern sowie von US-Präsident Donald Trump vom Dienstag. In einem Interview hatten die Eltern gesagt, die Zähne ihres Sohnes seien bei seiner Rückkehr aus Nordkorea "neu angeordnet" gewesen, seine Hände und Füße entstellt. "Sie haben Otto entführt, sie haben ihn gefoltert, sie haben ihn absichtlich verletzt", sagte der Vater Fred Warmbier in der Sendung "Fox and Friends".

Nach der Ausstrahlung des Interviews im Sender Fox News beschuldigte US-Präsident Donald Trump erstmals die nordkoreanische Führung, Warmbier gefoltert zu haben. Er nannte das Interview der Eltern "großartig" und sagte: "Otto wurde von Nordkorea unvorstellbar gefoltert."

Untersuchungsergebnisse öffentlich gemacht

Sammarco, die den Studenten nach dessen Tod im Juni untersucht hatte, sagte hingegen, es gebe keinen eindeutigen Beweis für körperliche Misshandlung. "Wir wissen nicht, was mit ihm passiert ist", sagte sie. "Wir werden es nie wissen, es sei denn, dass diejenigen, die dabei waren, es uns sagen." Warmbiers Leichnam hatte kleinere Wunden aufgewiesen, die laut Sammarco bis auf eine Ausnahme von medizinischen Geräten stammen könnten.

Die Gerichtsmedizinerin sagte, sie habe sich nach den Interview-Äußerungen von Warmbiers Eltern veranlasst gesehen, ihre Erkenntnisse öffentlich zu machen. "Sie sind trauernde Eltern", sagte sie. "Ich kann ihre Sichtweise nicht kommentieren."

Warmbier war während einer Nordkorea-Reise im März 2016 wegen Diebstahls eines Propaganda-Posters zu 15 Jahren Arbeitslager verurteilt worden. Er fiel ins Koma und wurde schließlich "aus humanitären Gründen" freigelassen. Im Juni starb er wenige Tage nach seiner Rückkehr in die USA.

Die US-Regierung erließ daraufhin ein Reiseverbot für US-Bürger nach Nordkorea. Gleichzeitig spitzte sich der Konflikt zwischen Washington und Pjöngjang um das nordkoreanische Atomprogramm weiter zu.