In seiner lang erwarteten Europarede 48 Stunden nach der geschlagenen Wahl in Deutschland fordert der französische Staatspräsident Emmanuel Macron einen Totalumbau der EU. Die Eurozone mit 19 Ländern solle ein eigenes Budget und einen eigenen Finanzminister bekommen, so Macron am  Dienstag vor Studenten in der Pariser Sorbonne-Universität. Man müsse darüber nachdenken, diesen Haushalt mit einer Steuer zu finanzieren. Das sei der Schlüssel für die Stabilität der gemeinsamen Währung und als Schutz vor Wirtschaftsschocks. Er brachte in seiner Grundsatzrede zur Lage der Nation dazu die Unternehmensteuer ins Spiel, die dazu in Europa aber angeglichen sein müsse. Bisher weichen die Unternehmensteuersätze in den EU-Staaten voneinander ab.

"Wir brauchen ein gestärktes Budget im Herzen von Europa, im Herzen der Eurozone", sagte Macron. Es gehe nicht um einen neuen Mechanismus, der auf magische Art Probleme löst, sondern darum, die Arbeitslosigkeit zu verringern, von der jeder fünfte Jugendliche in Europa betroffen ist. Bisher umfasst der Haushalt der gesamten EU knapp 160 Milliarden Euro pro Jahr für alle Politikfelder, und es gibt keine eigenen Schulden. Der Großteil des Geldes wird für Förderungen in den Mitgliedsländern ausgegeben.

Gemeinsame Eingreiftruppe

Macron wünscht sich auch in der Verteidigungspolitik der EU-Länder eine engere Zusammenarbeit. Bis zum Anfang des kommenden Jahrzehnts sollte es in der EU eine "gemeinsame Interventionseinheit", ein gemeinsames Verteidigungsbudget und eine gemeinsame Doktrin für Einsätze geben, sagte er in seiner Rede über seine Reformpläne für die EU. Konkret schlug Macron vor, er eine "europäische Staatsanwaltschaft" zu schaffen, um den Kampf gegen den Terrorismus zu verstärken. Darüber hinaus will er eine "europäische Asylbehörde" ins Leben rufen, um schneller über die Anträge von Flüchtlingen entscheiden zu können. Ein europäisches Programm könnte die Integration und die Ausbildung von Flüchtlingen finanzieren helfen. Schrittweise solle eine europäische Grenzpolizei zum Schutz der Außengrenzen aufgebaut werden. Auch die Geheimdienste sollten enger zusammenarbeiten, eine europäische Akademie für Geheimdienste könnte entstehen. Zudem schlägt Macron einen europäischen Zivilschutz vor, um die EU besser gegen Naturkatastrophen zu wappnen.

Macron hat zudem eine Reform des europäischen Handels mit Kohlendioxid-Verschmutzungsrechten (CO2) gefordert. Ein Preis von unter 25 bis 30 Euro pro Tonne CO2 sei nicht ausreichend. Derzeit liegt der Preis an der Börse bei etwa sieben Euro.Macron forderte hier einen Mindestpreis für die Rechte zum Ausstoß des Klimagases sowie eine europäische Steuer auf den Ausstoß von Kohlenstoff. Im Kampf gegen den Klimawandel verlangte er zudem eine europäisches Förderprogramm für saubere Technologie bei Autos wie der Elektromobilität.

Auch EU-weite Finanztransaktionssteuer

Macron will in Europa zudem die schon seit Jahren debattierte Finanztransaktionssteuer durchsetzen, um damit die Entwicklungshilfe zu finanzieren. Frankreich und Großbritannien hätten bereits eine solche Steuer, ein Modell davon sollte man als Vorbild nehmen. Die Börsensteuer sollte in der EU nach der Finanzkrise eingeführt werden, war aber am Widerstand mehrerer Staaten, unter anderem Großbritanniens, gescheitert. Danach bemühten sich mehrere Euro-Staaten um eine Einführung, darunter Frankreich, Deutschland und Österreich. In den vergangenen Jahren gelang in den Verhandlungen zwischen zuletzt zehn Staaten aber kein Durchbruch.