1. Wer wählt heute in Deutschland?
Von 81,17 Millionen Deutschen sind 61,5 Millionen Menschen über 18 Jahre wahlberechtigt, davon 31,7 Millionen Frauen und 29,8 Millionen Männer. Drei Millionen dürfen zum ersten Mal wählen. Allerdings sind es 400.000 Stimmberechtigte weniger als bei der Wahl 2013. Bundesweit stellen sich 2559 Kandidaten in 299 Wahlkreisen direkt der Wahl; 42 Parteien mit 4828 Listenbewerbern auf den Stimmzetteln in den 16 Bundesländern. Die Wahllokale haben alle bis 18 Uhr geöffnet.
2. Warum gibt es zwei Stimmen?
Der Bundestag wird mit einer Mischung aus Mehrheits- und Verhältniswahlrecht gewählt. Mit der Erststimme wird ein Kandidat für den Wahlkreis direkt bestimmt, mit der Zweitstimme wird die Landesliste einer Partei gewählt. Die Zweitstimme kann auch einer anderen Partei gegeben werden. Sie ist de facto fast wichtiger, denn sie entscheidet insgesamt über die prozentuale Verteilung der Sitze im Parlament.
3. Wie viele Abgeordnete gibt es?
598 Sitze gibt es im Bundestag in Berlin. 299 Kandidaten kommen direkt aus den Wahlkreisen, die anderen werden über den prozentualen Anteil jeder Partei bestimmt. In der Regel sitzen aber einige Abgeordnete mehr im Parlament (siehe 4.)
4. Was sind Überhangmandate?
Wenn eine Partei in einem Bundesland mehr Direktmandate gewinnt, als ihr nach dem prozentualen Anteil der Zweitstimmen zustehen würde, entstehen Überhangmandate. Damit im Bundestag am Ende alle Parteien nach ihrem bundesweiten Stimmanteil verteilt sind, erhalten Parteien Ausgleichsmandate, 2013 waren es insgesamt 33 Zusatzmandate.
5. Wer eröffnet den Bundestag?
Zum ersten Mal in der Geschichte eröffnet nicht der älteste, sondern der dienstälteste Abgeordnete das Parlament. Das ist Wolfgang Schäuble. Mit der Änderung wollte man vermeiden, dass ein AfD-Politiker die erste Rede hält.
6. Wann gibt es die ersten Ergebnisse?
Mit der Schließung aller Wahllokale um 18 Uhr dürfen die Medien die erste Prognose veröffentlichen. Bei Verstoß gegen diese Regel drohen hohe Geldstrafen. Die Prognose trifft in der Regel recht gut das spätere Endergebnis.
7. Mit welchem Ergebnis wird gerechnet?
Dass die Union aus CDU und CSU unter ihrer Spitzenkandidatin Angela Merkel deutlich vor der SPD mit ihrem Parteichef Martin Schulz liegen wird, zeichnet sich seit Monaten ab. Allerdings ist unklar, mit wem die CDU-Vorsitzende eine Regierung bilden kann und sich bei der ersten Sitzung des Bundestags (der spätestens am 24. Oktober zusammentreten muss) zur Kanzlerin wählen lässt. Ihre Lieblingskonstellation ist eine Koalition mit der liberalen FDP, die nach vier Jahren Abwesenheit wieder in den Bundestag einziehen dürfte. Doch für Schwarz-Gelb könnte es nicht reichen. Ob es zur Zusammenarbeit mit FDP und Grünen kommt, ist aber bei den inhaltlichen Abweichungen fraglich. Sollte die AfD sehr stark werden, könnte die Große Koalition erneut die einzig mögliche Variante sein.
8. Was bedeutet die Wahl für die EU?
Europa setzt auf Merkel. So will der französische Präsident Emmanuel Macron bereits am Dienstag vor Studenten in der Pariser Sorbonne seine Reformvorschläge für die EU präsentieren. Auch Ungarns Premier Viktor Orbán betet für Merkel. „Wir sprechen ein stilles Gebet für die Verlängerung des Mandats der deutschen Bundeskanzlerin.“ Merkel sei „freundlicher“ zu den Ungarn als der „respektlos über uns sprechende sozialdemokratische Kanzlerkandidat Martin Schulz“.
9. Wie endete der Wahlkampf?
Angela Merkel rief am Tag vor der Wahl in Berlin Aktivisten ihrer Partei zur letzten Mobilisierung auf. Herausforderer Martin Schulz griff sie in Aachen an: „Sie will die Vergangenheit verwalten, ich will die Zukunft gestalten.“ Am Freitagabend war Merkel in München anhaltend ausgepfiffen und ausgebuht worden. Zahlreiche AfD-Unterstützer waren direkt von ihrer Kundgebung zu Merkel gegangen und hatten mit Trillerpfeifen gepfiffen sowie „Hau ab!“ gerufen und Obst geworfen.
Ingo Hasewend