Der frühere Sowjet-Offizier Stanislaw Petrow, der in der Nacht vom 25. auf den 26. September 1983 sehr wahrscheinlich den Beginn eines neuen Weltkriegs verhinderte, ist im Alter von 77 Jahren gestorben. Wie Petrows Sohn Dmitri am Dienstag der Nachrichtenagentur AFP bekanntgab, starb Petrow bereits am 19. Mai in seiner Wohnung in Frijasino, 20 Kilometer nordöstlich von Moskau.
Petrow war in jener Nacht der diensthabende Offizier in einem Luftüberwachungszentrum nahe Moskau, als der Computer den Abschuss von fünf US-Raketen Richtung Sowjetunion anzeigte. Seinen Befehlen folgend, hätte Petrow sofort Großalarm geben und den Abschuss der sowjetischen Interkontinentalraketen auslösen müssen. Doch er zögerte. Er konnte einfach nicht glauben, dass es für die USA einen Grund gäbe, ohne jeden Anlass zuzuschlagen. Und wenn sie angreifen würden, dann nicht mit fünf Raketen, sondern mit hunderten. Er meldete seinen Vorgesetzten damals einen Fehlalarm. "Ich wollte nicht schuld sein am Dritten Weltkrieg", sagte er zur Begründung.
Die Welt ahnte jahrelang nichts
Petrows einsame Entscheidung wurde erst nach dem Untergang der Sowjetunion mit zehnjähriger Verspätung von der Wochenzeitschrift "Sowerschenno Sekretno" ("Höchste Geheimstufe") publik gemacht. Als die Zeitschrift "Kommersant Wlast" die Geschichte 1998 nochmals aufgriff, sorgte sie im Westen für Furore. 2013 wurde Petrow in der Semperoper mit dem Dresdner Friedenspreis ausgezeichnet. Da wurde er schon längst als "Held, der die Welt rettete" gefeiert.
Sein Vater habe die damalige Entscheidung auch zu Hause verheimlicht, sagte Dmitri Petrow. "Er kam völlig erschöpft nach Hause, hat uns aber nichts erzählt." Einige Monate später wurde Stanislaw Petrow in der Sowjetunion ohne nähere Begründung für "Verdienste um das Vaterland in den Streitkräften" ausgezeichnet.
Schuld waren Sonnenreflexionen
Für die nachträgliche Verehrung im Ausland zeigte der ehemalige Sowjet-Offizier kein sonderliches Verständnis. Nach den Schilderungen seines Sohnes blieb er bei der Überzeugung, er habe "lediglich seine Arbeit gut gemacht".
Der Fehlalarm von 1983 kam nach den Untersuchungen sowjetischer Spezialisten zustande, weil Reflexionen von Sonnenstrahlen in Wolken von den Frühwarnsystemen als Energieentladungen beim Raketenstart eingestuft worden waren.
Petrows Heldentat wurde später in einer Dokumentation verfilmt ("The Man Who Saved The World"), die zuletzt 2016 auch vom ORF ausgestrahlt wurde.