Nach der Verschärfung der UNO-Sanktionen wegen seines jüngsten Atomtests hat Nordkorea erneut eine Rakete von mehreren tausend Kilometern Reichweite über Japan hinweg gefeuert. Die Rakete flog nach Angaben des südkoreanischen Militärs nach dem Start Freitag früh nahe der Hauptstadt Pjöngjang 3.700 Kilometer weit - die bisher größte Flugdistanz beim Test einer militärischen Rakete des Landes.
Der Flugkörper stürzte nach dem Flug über die nördliche japanische Insel Hokkaido in den Pazifik. Nach ersten Angaben des US-Pazifikkommandos handelte es sich um eine Mittelstreckenrakete, wie sie Nordkorea bereits Ende Juli über Japan hinweg geschossen hatte.
Mit dem Test macht Nordkorea nach Meinung von Beobachtern deutlich, dass das Land trotz des wachsenden internationalen Drucks im verschärften Konflikt um sein Atom- und Raketenprogramm nicht nachgeben will. Der UNO-Sicherheitsrat wollte sich nach Angaben der Vereinten Nationen noch am Freitag in einer Dringlichkeitssitzung mit dem neuen Waffentest beraten.
Provokation und Bedrohung
Die USA, Japan und Südkorea reagierten empört und warfen der Führung in Pjöngjang eine erneute Provokation und Bedrohung der Nachbarländer vor. Präsident Moon Jae-in warnte zu Beginn einer Sitzung des Nationalen Sicherheitsrats, ein Dialog mit der kommunistischen Führung in Pjöngjang sei in der jetzigen Situation nicht möglich.
Russland verurteilte den neuerlichen nordkoreanischen Raketentest als Provokation. Dies führe zu einer weiteren Eskalation der Lage, sagte Kreml-Sprecher Dmitri Peskow am Freitag in Moskau. Außenamtssprecherin Maria Sacharowa bekräftigte der Agentur Interfax zufolge, der Test sei nicht hinnehmbar. Zugleich warf sie den USA eine aggressive Rhetorik im Nordkorea-Konflikt vor. Der Außenpolitiker Leonid Sluzki aus der Staatsduma sagte, mit dem Test nur wenige Tage nach der UNO-Resolution fordere Pjöngjang die Weltgemeinschaft heraus. Nordkorea spiele ein sehr gefährliches Spiel.
"Globale Antwort" gefordert
NATO-Generalsekretär Jens Stoltenberg forderte eine "globale Antwort" auf den jüngsten Raketenstart Nordkoreas. Dieser sei ein weiterer rücksichtsloser Bruch von UNO-Resolutionen und eine große Bedrohung für den internationale Frieden und die Sicherheit, erklärte er auf Twitter.
"Das ist das zweite Mal binnen weniger Wochen, dass mit Japan ein Vertragspartner der USA direkt bedroht wurde", hieß es in einer Mitteilung von US-Außenminister Rex Tillerson. "Diese fortgesetzten Provokationen führen dazu, dass Nordkoreas diplomatische und wirtschaftliche Isolation nur noch vertieft wird."
China verurteilte Nordkorea für den Raketentest und rief gleichzeitig alle Parteien zur Zurückhaltung auf. Es müsse auf eine friedliche und diplomatische Lösung gedrängt werden, erklärte eine Sprecherin des Ministeriums am Freitag.
Deutschland forderte eine rasche Umsetzung der kürzlich verschärften Sanktionen gegen das kommunistische Land. China und Russland komme dabei eine besondere Rolle zu, sagte der stellvertretende Regierungssprecher Georg Streiter am Freitag in Berlin. Der jüngste Raketentest sei eine Provokation und belege, dass Nordkorea eine Bedrohung für die Region sei. Das Thema werde auch eine Rolle beim Besuch des deutschen Außenministers Sigmar Gabriel am Sonntag in China spielen, kündigte Ministeriumssprecher Martin Schäfer an.
UNO-Sicherheitsrat
Erst am Montag hatte der UNO-Sicherheitsrat den sechsten und bisher größten Atomtest Nordkoreas vom 3. September mit neuen Sanktionen bestraft, ohne dass diese jedoch ein von den USA ursprünglich gefordertes Ölembargo umfassen. Die neue UNO-Resolution sieht eine Deckelung von Öllieferungen an das Land und den Verbot von Textilexporten vor. Pjöngjang erklärte, den Sanktionsbeschluss kategorisch abzulehnen und von seinen Waffenprogrammen nicht abrücken zu wollen. UNO-Resolutionen verbieten Nordkorea sowohl Atomwaffenversuche als auch Tests von ballistischen Raketen. Dabei handelt es sich in der Regel um Boden-Boden-Raketen, die je nach Bauart einen konventionellen, chemischen, biologischen oder atomaren Sprengkopf befördern könne. Nordkorea arbeitet an Langstreckenraketen, die einen Atomgefechtskopf bis in die USA tragen können