Die Regierung von Bangladesch erwägt, die Rohingya auf einer bisher unbewohnten Insel, auf Bashan Char, anzusiedeln. Die erst im Jahr 2006 aus dem Meer aufgetauchte Insel gilt als äußerst unwirtlich, einige Experten halten sie für unbewohnbar. „Das ist wohl die schrecklichste Art, wie man mit Menschen umgehen kann. Was soll man dazu sagen?“, zeigt sich Asien-Experte Wolfram Schaffar bestürzt. Bangladeschs Premier fordert Myanmar auf, die geflüchteten Rohingya wieder aufzunehmen.
Heute will sich der UN-Sicherheitsrat mit der Eskalation der Gewalt gegen die Rohingya in Myanmar befassen. Die Sitzung hinter verschlossenen Türen komme auf Antrag Großbritanniens und Schwedens zustande, erklärte der britische UN-Botschafter Matthew Rycroft. Bei den Kämpfen im Westen Myanmars starben zuletzt Hunderte Menschen. Nach jüngsten UNO-Angaben flohen bereits 370.000 Rohingya nach Bangladesch. Das Flüchtlingshilfswerk UNHCR begann unterdessen, Zelte, Decken und andere Hilfsgüter nach Bangladesch einzufliegen. Das Rote Kreuz kündigte an, erstmals seit Beginn der jüngsten Gewaltwelle im Unruhegebiet Rakhine, im Westen Myanmars, Hilfe leisten zu können.
Dass der seit Jahren schwelende Konflikt zwischen Rohingya und Regierungsarmee in Myanmar jetzt dermaßen eskaliert, lässt sich für den Politologen Wolfram Schaffar eigentlich nur vor dem Hintergrund der Auseinandersetzungen um die Macht zwischen der inoffiziellen Staatschefin, Aung San Suu Kyi, und dem Militär in Myanmar erklären. Es sei belegt, dass das Militär seit Beginn des Reformprozesses in Myanmar, der um 2012 begonnen hat, „nur dann eine quasi kontrollierte Demokratie zulässt, wenn es selbst eine starke Rolle spielen kann“, sagt der Politologe. Aung San Suu Kyi mit ihrer Nationalen Liga für Demokratie stehe letztlich für eine weit radikalere Wende in diesem Demokratieprozess.
Suu Kyi hat die Parlamentswahlen 2015 zwar haushoch gewonnen, habe sich trotz des Widerstands des Militärs als de-facto Staatschefin installiert, doch laut Verfassung sind 25 Prozent der „Volksvertreter“ für Militärs reserviert.
„Das Militär schießt nun quer und versucht der zivilen Regierung Knüppel zwischen die Beine zu werfen“, sagt Schaffar. Die Rohingya zu vertreiben und die Regierung international vorzuführen sei ein Element dieser Politik zur Machterhaltung des Militärs.
Dennoch ist es der Weltöffentlichkeit unverständlich, dass die Friedensnobelpreisträgerin mit der Blume im Haar gegen die Gräuel gegen die muslimische Minderheit im Westen ihres Landes nichts unternimmt.
„Aung San Suu Kyi kontrolliert nicht das Innenministerin, sie hat keine Kontrolle über das Militär und sie würde die Unterstützung zahlreicher Buddhisten verlieren, wenn sie pro Muslime spricht“, ist der Asien-Experte überzeugt. „Innerhalb Myanmars wird seit Jahren ein chauvinistischer anti-muslimischer Diskurs geprägt“, sagt Schaffar.
Mit Hetze gegen Minderheiten, nicht zuletzt gegen muslimische Minderheiten, könne man nicht nur in Europa, sondern auch in Asien punkten.
Die UNO habe „genau erklärt, was gerade mit den Rohingya in Myanmar geschieht: Dort ist eine ethnische Säuberung im Gange, wie sie fast lehrbuchartig vollzogen wird. Auf Satellitenbildern sieht man, wie ganze Dörfer von der Armee zerstört werden. Und man sieht, wie auf fliehende Bewohner geschossen wird.“
Manuela Swoboda