Doch anders als noch vor rund zehn Jahren geht es nicht mehr darum, böse "Ballerspiele" zu brandmarken. Politiker anerkennen zunehmend die Spielebranche als Wirtschaftsfaktor und sehen auch die gesellschaftliche und innovative Kraft der Games selbst.
Erstmals eröffnete deshalb die deutsche Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) am Dienstag offiziell die Spielemesse und strich dabei explizit die Bedeutung digitaler Spiele heraus. Sie seien "Kulturgut, Innovationsmotor und Wirtschaftsfaktor von allergrößter Bedeutung", sagte die Kanzlerin. Die Branche bezeichnete sie als "starken Pfeiler der deutschen Wirtschaft". "Deshalb bin ich auch nach Köln gekommen, um der Branche meine Reverenz zu erweisen." Bis zum Samstag wird sich in den Messehallen sowie verteilt in der Domstadt alles rund ums Spielen drehen. Rund 350.000 Fach- und Privatbesucher werden erwartet.
Sie stellte Fragen und legte nur einmal, kurz, selbst Hand an. Der Rundgang der deutschen Kanzlerin durch die Spielemesse:
Computerspiele machten Menschen zu digitalen Entdeckern und Tüftlern, sie seien die IT-Fachkräfte von morgen, sagte Felix Falk, Geschäftsführer des Branchenverbands BIU. Deutschland sei ein starker Games-Markt, doch bei den hierzulande produzierten Spielen habe man das Nachsehen. "Wir brauchen jetzt die richtigen Rahmenbedingungen." Erfreut zeigte sich Falk von dem großen Zuspruch auch von Bundestagsabgeordneten, die sich für eine bessere Entwicklungsförderung ausgesprochen haben. Bis zum Samstag haben sich zahlreiche Vertreter für einen Rundgang angemeldet. "Wir wollen 'Games made in Germany' zu einem echten Erfolgsschlager machen."
Auf der Gamescom seien heuer "so viele Politiker wie noch nie", weil sie erkannt hätten, "dass das zum Leben der Menschen gehört", sagte Ministerpräsident Armin Laschet (CDU). Games seien auch Kultur und gehörten dazu wie Filme im Kino und Konzert im Radio. Das habe sich in den letzten acht bis zehn Jahren deutlich verändert. Es gehe nicht mehr um die Diskussion von Kriegsspielen. "Und viele werden nun denken, dass das doch was Seriöses ist, wenn auch die Bundeskanzlerin dahin geht." Die ganz großen Hersteller kämen aber nicht aus Deutschland. Laschet will deshalb auch das Land Nordrhein-Westfalen zu einem attraktiven Standort für Entwickler weiter ausbauen.
Die Wünsche der Branche stießen bei Merkel auf offene Ohren. Es gebe bereits eine ganze Reihe von Förderprogrammen, die Spieleentwickler nutzen könnten. "Wir sind aber nicht Spitzenreiter." Deshalb wolle sich die deutsche Regierung ganz genau anschauen, was etwa das Gamescom-Partnerland Kanada oder auch Frankreich und Polen machen, deren Förderungskonzepte als vorbildlich gelten. "Wir wollen in der nächsten Legislaturperiode alle Akteure zusammenbringen, um auch den deutschen Entwicklern vernünftige Möglichkeiten zu bieten." Sie werde auf jeden Fall die Entwicklung weiter verfolgen - "und mal sehen, was passiert, vielleicht auch weiter mitgestalten".
Merkel keine "Zockerin"
Bei ihrem Messe-Rundgang outete sich die Kanzlerin zwar wie erwartet nicht als heimliche "Zockerin", doch zeigte sie großes Interesse an den Entwicklungen. Besonderes Augenmerk richtete sie etwa auf Virtual Reality-Anwendungen sowie eine naturwissenschaftliche Simulation, bei dem Nutzer mit chemischen Elementen experimentieren können. Ihr persönlicher Zugang dürfte rein pädagogischer Natur sein. So zitierte sie in ihrer Eröffnung den deutschen Pädagogen Friedrich Fröbel mit dem Satz "Die Quelle alles Guten liegt im Spiel." Der Gamescom gab sie in diesem Zusammenhang den Wunsch mit auf den Weg, dass ihre Quelle dementsprechend besonders sprudeln solle.
Derweil dürften sich die Messehallen in Köln am Mittwoch nach Einlass der privaten Fans wieder fluten. Legendär sind dunkle und dröhnende Hallen, ein bunter, mit phantasievollen Kostümen geschmückten Cos-Playern gesprenkelter Besucherstrom sowie viel blinkende Bildschirme noch immer. Die Gamescom ist noch bis Samstag geöffnet. Alle großen Publisher sind mit neuen Spieletiteln vertreten, darunter zahlreiche Serien-Erfolge.