Der Hongkonger Bürgerrechtler Howard Lam ist am Dienstag festgenommen worden. Dem Mitglied der China-kritischen Demokratischen Partei werde "Irreführung" der Polizei vorgeworfen, erklärte die Polizei. Er habe "falsche Angaben" zu seiner mutmaßlichen Verschleppung durch chinesische Agenten gemacht.
Lam hatte Ende vergangener Woche berichtet, er sei im belebten Viertel Mong Kok überfallen und verschleppt worden. Grund für den Angriff sei gewesen, dass er der Witwe des Mitte Juli gestorbenen chinesischen Friedensnobelpreisträgers Liu Xiaobo ein signiertes Foto des argentinischen Fußballstars Lionel Messi schicken wollte.
Seine Entführer hätten ihn geschlagen und ihm Büroklammern in die Schenkel gerammt, sagte Lam am Freitag bei einer Pressekonferenz. Er zeigte zum Beweis die Wunden an seinen Beinen und auch rote Striemen auf seinem Bauch. Nach der gewaltsamen Befragung habe er sich am frühen Freitagmorgen an einem Strand im entlegenen Distrikt Sai Kung wiedergefunden. Laut Lam sprachen seine Entführer nicht das in Hongkong übliche Kantonesisch, sondern Mandarin wie die Festland-Chinesen.
Seine Festnahme am Dienstag erfolgte nach der Veröffentlichung eines Überwachungsvideos, das Lam während seiner mutmaßlichen Verschleppung zeigen soll. Darauf ist ein Mann in Lams Kleidung zu sehen, der Atemmaske, Sonnenbrille und Hut trägt und offenbar ungehindert durch die Stadt spaziert. Lam erklärte, er sei nicht der Mann; es handle sich um ein Körper-Double.
Die Demokratische Partei ist überzeugt, dass es sich bei Lams Entführern um Agenten aus der Volksrepublik China handelt. Die ehemalige Kolonialmacht Großbritannien hatte Hongkong am 1. Juli 1997 an China übergeben. Nach dem Prinzip "Ein Land, zwei Systeme" wurden der Wirtschaftsmetropole dabei für 50 Jahre Freiheiten und Rechte garantiert, die es in der Volksrepublik nicht gibt.
Die Opposition in Hongkong wirft Peking jedoch vor, sich zunehmend in die Angelegenheiten der Sonderverwaltungszone einzumischen und damit die Autonomievereinbarungen zu verletzen.
Der in China zu einer Haftstrafe verurteilte Schriftsteller und Bürgerrechtler Liu Xiaobo, der als Fan Messis galt, war am 13. Juli im Alter von 61 Jahren an den Folgen einer Leberkrebserkrankung gestorben. Bis zuletzt verweigerten die Behörden dem Friedensnobelpreisträger des Jahres 2010 eine medizinische Behandlung im Ausland.