Nach der hart umkämpften Präsidentschafts- und Parlamentswahl in Kenia haben Wahlbeobachter zu Zurückhaltung und Geduld aufgerufen. "Es ist in der Verantwortung jedes Einzelnen, ruhig zu bleiben", sagte die Leiterin der EU-Wahlbeobachtermission, Marietje Schaake. "Wahlen sollten nie ein Fall von Leben oder Tod sein." Nach Veröffentlichung der ersten Ergebnisse hatte es am Mittwoch gewaltsame Proteste in dem ostafrikanischen Land gegeben, bei denen vier Menschen getötet wurden.

Die Wahlergebnisse werden in den kommenden Tagen erwartet. Wie die Wahlkommission am Donnerstagnachmittag bekanntgab, wird der Sieger der Präsidentenwahl vom Dienstag nicht vor Freitagmittag ausgerufen werden. Generell hat die Kommission bis 15. August für die Auszählung der Stimmen Zeit. Nach vorläufigen Teilresultaten, die die Wahlbehörde veröffentlichte, lag Amtsinhaber Uhuru Kenyatta mit 54,2 Prozent vorne. Sein Herausforderer Raila Odinga kam demnach auf bisher 44,9 Prozent der rund 15 Millionen ausgezählten Stimmen.

Odingas Parteienbündnis Nasa verlangte von der Wahlbehörde, ihren Kandidaten zum Sieger der Präsidentschaftswahl zu erklären. Die vorläufigen Teilergebnisse seien "Betrug", sagte Musalia Mudavadi ein ranghoher Vertreter von Nasa. Das Parteienbündnis habe von einer vertraulichen Quelle innerhalb der Wahlbehörde die eigentlichen Ergebnisse erhalten, die auf einen Sieg des Oppositionsführers hindeuteten. Beweise dafür legte Mudavadi nicht vor. Minuten später strömten in der Oppositionshochburg Kisumu Hunderte Odinga-Anhänger auf die Straßen und feierten den angeblichen Wahlsieg.

"Nasas direkte Erklärung, Odinga sei der rechtmäßige Gewinner, erhöht das Risiko weiterer Gewalt in Gegenden, in denen die Opposition stark ist, sollte die Wahlbehörde Kenyattas Sieg bestätigen", sagte Emma Gordon von der Risikoberatung Verisk Maplecroft.

Zuvor hatte Odinga behauptet, die Datenbank der Wahlbehörde sei zugunsten Kenyattas gehackt und manipuliert worden. Vorläufige Untersuchungen zeigten, es habe nur einen erfolglosen Hacking-Versuch gegeben, sagte der Leiter der Wahlbehörde, Wafula Chebukati.

Nach Angaben der Polizei und Wahlbeobachter war die Wahl am Dienstag weitestgehend friedlich verlaufen. Nach der vorletzt Wahl 2007 war eine Welle der Gewalt ausgebrochen, mehr als 1.000 Menschen wurden getötet und rund 150.000 wurden in die Flucht getrieben.

Kenyatta und Odinga hatten sich einen harten Wahlkampf geliefert. Der 55-jährige Kenyatta möchte nicht als erster Staatschef in die Geschichte des Landes eingehen, dem nur eine Amtszeit vergönnt war. Der 72-jährige Odinga kandidierte zum vierten und vermutlich letzten Mal für das Amt. Neben dem Präsidenten und beiden Kammern des Parlaments haben die Kenianer in den 47 Verwaltungsbezirken des Landes auch neue Gouverneure und Regionalvertretungen gewählt.