Im Krieg der Worte zwischen den USA und Nordkorea hat US-Präsident Donald Trump am Mittwoch noch einmal nachgelegt. "Mein erster Befehl als Präsident war, das nukleare Arsenal zu erneuern und zu modernisieren", schrieb Trump am Mittwoch auf Twitter. "Jetzt ist es weit stärker und kraftvoller als jemals zuvor." Pjöngjang hatte zuvor mit einem Raketenangriff auf das US-Überseegebiet Guam gedroht.
Der Androhung Nordkoreas war eine Provokation Trumps vorausgegangen: "Nordkorea sollte besser keine weiteren Drohungen gegen die USA machen. Ihnen wird mit Feuer und Wut begegnet werden, wie es die Welt niemals zuvor gesehen hat. Er (Kim Jong-un) war über das normale Maß hinaus sehr drohend. Wie ich bereits gesagt habe, ihnen wird mit Feuer, Wut, und offen gesagt, Macht begegnet werden, wie es die Welt so noch niemals zuvor gesehen hat".
Pjöngjang konterte diese Äußerungen Trumps mit der Androhung eines Raketenangriffs auf das 3.000 Kilometer entfernte Guam im Pazifik. Die nordkoreanischen Streitkräfte zögen eine solche Attacke "ernsthaft in Erwägung", meldete die staatliche Nachrichtenagentur KCNA am Mittwoch. Der Plan zum Angriff könne "jederzeit" ausgeführt werden, sobald Staatschef Kim die Entscheidung dazu treffe, sagte ein Armeesprecher. Die USA sollten ihre "rücksichtslosen militärischen Provokationen" unterlassen, sodaß man nicht "gezwungen" sei, eine "unvermeidliche militärische Entscheidung" zu treffen.
US-Außenminister versucht zu kalmieren
US-Außenminister Rex Tillerson versuchte am Mittwoch auf dem Rückflug von Malaysia, auf dem er einen Tankstopp auf Guam einlegte, die Gemüter zu beruhigen. Er glaube nicht, dass es eine unmittelbare Bedrohung gebe, die Amerikaner könnten ruhig schlafen. Trump habe nur die nordkoreanische Rhetorik in gleicher Sprache beantworten wollen. Auf der Insel sind rund 6.000 US-Soldaten stationiert.
Auch Guams Gouverneur Eddie Calvo reagierte gelassen auf die Drohungen aus Pjöngjang. Das US-Außengebiet sei "auf alle Eventualitäten vorbereitet", erklärte Calvo in einer Fernsehansprache. Guams Sicherheitsberater George Charfauros sagte, die 162.000 Inselbewohner sollten sich "entspannen und das Paradies genießen".
Weniger gelassen waren hingegen die internationalen Reaktionen. China als wichtigster Verbündeter Nordkoreas rief beide Seiten zur Mäßigung auf. Washington wie Pjöngjang sollten "Worte und Taten" unterlassen, die die Spannungen steigern könnten, erklärte die Regierung in Peking.
Die EU verfolge die eskalierenden Spannungen "mit großer Sorge", sagte eine EU-Kommissionssprecherin am Mittwoch in Brüssel. Die EU habe wiederholt das nordkoreanische Nuklear- und Raketenprogramm scharf verurteilt. Dieses stelle eine Verletzung der in UNO-Resolutionen ausgedrückten internationalen Verpflichtungen durch Nordkorea dar.
Die von KCNA zitierten nordkoreanischen Drohungen nehmen direkt Bezug auf die US-Luftwaffenbasis Andersen auf Guam, von der die Vereinigten Staaten immer wieder strategische Bomber des Typs B-1 zu Militärmanövern in Richtung koreanische Halbinsel entsandt haben. Erwogen wird demnach ein Angriff mit ballistischen Raketen des Typs Hwasong-12, um die US-Streitkräfte auf Guam und ihre dort stationierten Bomber in Schach zu halten - schließlich sei die Insel der potenzielle "Ausgangspunkt für eine Invasion in Nordkorea".
Pjöngjang rechtfertigte dies mit einer Mobilisierung des US-Atomwaffenarsenals sowie jüngsten US-Raketentests und Übungen mit Langstreckenbombern über Südkorea. "Solche Militärmanöver der USA könnten in der momentan extrem heiklen Situation auf der koreanischen Halbinsel einen gefährlichen Konflikt provozieren", hieß es.
Nordkorea habe für die Entwicklung seiner strategischen Waffen "alles riskiert" und nutze sie "weder als Faustpfand, um Anerkennung von Dritten zu bekommen, noch für irgendeinen Tauschhandel". Vielmehr seien sie "ein wichtiges militärisches Mittel, um entschlossen den politischen und wirtschaftlichen Druck der USA sowie ihre militärischen Drohungen zu kontern".
In einer weiteren Stellungnahme kündigte ein nordkoreanischer Militärsprecher laut KCNA an, auf einen möglichen "Präventivkrieg" der US-Streitkräfte mit einem "grenzenlosen Krieg" zu reagieren, der "sämtliche Stützpunkte des Gegners ausrotten wird, auch auf dem US-Festland".
Inzwischen ist Nordkorea nach Erkenntnissen der USA und Japans in der Lage, Raketen mit Miniatur-Atomsprengköpfen zu bestücken - auch Interkontinentalraketen. Wie die "Washington Post" am Dienstag unter Berufung auf Geheimdienstquellen berichtete, habe Nordkorea nach Einschätzung des Geheimdienstes DIA bei seinem Atom- und Raketenprogramm viel schnellere Fortschritte gemacht als bisher angenommen. Nordkorea habe einen entscheidenden Schritt auf dem Weg zur vollwertigen Atommacht getan, berichtete die Zeitung.
In Seoul hat das konkrete Folgen: Unter dem Eindruck der Gefahr aus dem Norden rief Südkoreas Präsident Moon Jae-in zu einer tiefgreifenden Reform der eigenen Streitkräfte auf. "Ich glaube, wir brauchen eine vollständige Verteidigungsreform im Sinne einer Wiedergeburt, anstatt nur einige Modifizierungen oder Verbesserungen durchzuführen", sagte Moon am Mittwoch der südkoreanischen Nachrichtenagentur Yonhap zufolge. Demnach will Südkorea unter anderem Raketen mit höherer Sprengkraft anschaffen, um unterirdische Bunker zerstören zu können.
Die NATO zeigte sich "besorgt wegen der anheizenden und bedrohlichen Rhetorik". "Wir fordern Nordkorea auf, von weiteren Provokationen Abstand zu nehmen und seine nuklearen und ballistischen Raketenprogramme in einer vollständigen, nachprüfbaren und irreversiblen Weise aufzugeben, wie es die Vereinten Nationen verlangen", sagte ein Sprecher der "Heilbronner Stimme" (Donnerstag).
Trotz Verboten des UNO-Sicherheitsrates und Warnungen aus dem Ausland hatte Nordkorea am 28. Juli eine Interkontinentalrakete getestet. Diese hatte nach Berechnungen von Experten eine theoretische Reichweite von rund 10.000 Kilometern. Nordkoreas Staatschef Kim sagte nach dem Test, das Festland der USA sei jetzt in Reichweite. Als Reaktion auf den Raketentest verhängte der UN-Sicherheitsrat die bisher schärfsten Wirtschaftssanktionen gegen Nordkorea.