Bei Protesten gegen die sich abzeichnende Wiederwahl von Präsident Uhuru Kenyatta hat die Polizei in Kenia am Mittwoch insgesamt vier Menschen erschossen. In der Hauptstadt Nairobi töteten Beamte nach Polizeiangaben zwei regierungskritische Demonstranten mit Schüssen, in der Stadt Hula im Südosten erschossen Polizisten mehrere Menschen bei gewaltsamen Auseinandersetzungen an einem Auszählungsbüro.

Die Beamten hätten in allen Fällen in Notwehr gehandelt, erklärte die Polizei. Die Stimmauszählung erfolgte in einem Klima akuter politischer Spannungen. Nach Auszählung fast aller Stimmen lag Amtsinhaber Kenyatta am Mittwoch deutlich vor seinem Herausforderer Raila Odinga. Der Oppositionsführer sprach von "Betrug" und einem kriminellen Hackerangriff auf das Wahlsystem des Landes.

Der Polizeipräsident von Nairobi, Japheth Koome, gab bekannt, dass in der Hauptstadt zwei Demonstranten von Beamten erschossen worden seien. Demnach hätten sie die Sicherheitskräfte mit Macheten attackiert. Ein AFP-Reporter sah in Nairobis Armenviertel Mathare einen der getöteten Demonstranten mit einer schweren Schusswunde am Kopf und eine Machete am Tatort.

In der Stadt Hula drangen nach Polizeiangaben fünf Männer in ein Auszählungsbüro ein und stachen mit Messern auf Menschen ein. Dabei hätten sie einen Menschen ernsthaft verletzt. Die Polizei habe das Feuer eröffnet und zwei der Angreifer getötet.

Auch in der Oppositionshochburg Kisumu im Westen Kenias lieferten sich Demonstranten gewaltsame Auseinandersetzungen mit Sicherheitskräften. Die Polizei feuerte Warnschüsse ab und ging mit Wasserwerfern und Tränengas gegen die Protestierenden vor.

Die Zusammenstöße schürten die Sorge vor einer Ausweitung der Gewalt. Vor zehn Jahren war Kenia nach einem knappen Wahlausgang von blutigen Unruhen mit mehr als 1.100 Toten erschüttert worden. 600.000 Menschen waren damals vertrieben worden.

Die Opposition sprach der neuerlichen Wahl die Legitimität ab. "Diese Ergebnisse sind eine Fälschung, die Wahlen 2017 sind ein Betrug", sagte Herausforderer Odinga. Hacker hätten das elektronische Wahlsystem angegriffen und dafür die Identität eines ermordeten Mitarbeiters der Wahlkommission benutzt. Kommissionsmitarbeiter Chris Msando, der für die elektronische Wähleridentifizierung und die Stimmauszählung zuständig war, war Ende Juli ermordet worden.

Der Wahlkommission warf der Oppositionsführer vor, keine Nachweise für die veröffentlichten Auszählungsergebnisse vorzulegen. Er forderte unter anderem Sitzungsprotokolle aus den Wahllokalen. Kenyattas Partei Jubilee wies die Betrugsvorwürfe zurück. Er habe von Odingas Partei Nasa "nichts anderes erwartet", sagte Jubilee-Generalsekretär Raphael Tunju.

Der Vorsitzende von Kenias Wahlkommission, Wafula Chebukati, sprach von "freien und fairen" Wahlen. Er kündigte jedoch an, den Betrugsvorwürfen der Opposition nachzugehen: "Wir sollten als Wahlkommission untersuchen, ob die Manipulationsvorwürfe wahr sind oder nicht." Er forderte die Kenianer auf, die endgültigen Ergebnisse abzuwarten; für deren Veröffentlichung haben die Wahlbehörden eine Woche Zeit.

Der 55-jährige Kenyatta und Ex-Regierungschef Odinga sind seit langem verfeindet. Odinga beschuldigte den Präsidenten schon vor der Abstimmung, das Wahlergebnis fälschen zu wollen. Der 72-jährige Oppositionsführer, der zum vierten Mal antrat, hatte schon bei vorherigen Wahlen den Sieg vergeblich für sich reklamiert.

Kenia, eine der größten Wirtschaftsnationen in Ostafrika, gründet seinen Wohlstand vor allem auf den Tourismus. Besonders beliebt sind bei Reisenden die tropischen Strände des Landes. Nach islamistischen Anschlägen im Osten Kenias und in Nairobi hatten mehrere Länder Reisewarnungen für das Land ausgegeben.