Da sie nach den vorgezogenen Parlamentswahl vom 8. Juni nicht mehr über eine eigene Mehrheit verfügte, hat sich die britische Premierministerin Theresa May einen Bündnispartner suchen müssen - die nordirische Democratic Unionist Party (DUP). Die Zusammenarbeit birgt für May Risiken, denn die DUP hat ein eigenwilliges Profil und eine schwierige Geschichte: Ihren Ursprung hat die DUP im Kampf für die Einheit Nordirlands mit Großbritannien und gegen ein vereinigtes Irland. Gegründet wurde sie 1971 von Protestantenführer Ian Paisley. Lange Jahre spielte der DUP-Gründer im Nordirland-Konflikt die Rolle eines Hardliners und eisernen Gegners der Versöhnung mit den Katholiken. Im März 2007 jedoch vollzog er eine politische Kehrtwende und setzte sich mit dem Chef der katholischen Sinn Fein, Gerry Adams, an den Verhandlungstisch.
Inzwischen ist die protestantische DUP, die sich nach dem Karfreitagsabkommen von 1998 die Macht in Nordirland mit den katholischen Kräften teilt, säkularer ausgerichtet. Sie vertritt dennoch weiter streng konservative Positionen; Abtreibungen und die Homo-Ehe lehnt die DUP vehement ab.
DUP-Chefin Arlene Fosterstellte nach Mays Wahlschlappe klar, unter welcher Prämisse sie sich eine Zusammenarbeit mit der britischen Regierungschefin vorstellen könne. Nordirland im Vereinigten Königreich zu halten werde "unser Leitstern" sein, sagte Foster. Gleich nach der Bekanntgabe der Einigung mit May verkündete Foster, Nordirland erhalte in den kommenden zwei Jahren 1,14 Milliarden Euro zusätzlich für Investitionen unter anderem in den Bereichen Gesundheit und Bildung.
Die Aussicht eines "harten Brexits", in dessen Folge die Grenze nach Irland dann eine EU-Außengrenze wäre, schürt in Nordirland viele Ängste. Die Bevölkerung ist gespalten. Die katholisch-republikanische Sinn Fein, die sich anders als die DUP gegen einen Brexit ausspricht, triumphierte bei der Parlamentswahl in allen Bezirken, die nahe der Grenze zu Irland liegen. Die DUP sicherte sich jedoch 10 der 18 nordirischen Sitze im britischen Unterhaus. Sinn Fein errang sieben Mandate, besetzt diese aber nicht, da sich die Abgeordneten weigern, der britischen Krone die Treue zu schwören.
Zwar spricht sich die DUP für den Brexit aus, sie ist aber gegen einen zu harten Bruch mit der EU. Dies könnte Mays Position in den Brexit-Verhandlungen beeinflussen.
Die DUP-Chefin muss sich ihrerseits in Belfast um die Bildung einer Regierung bemühen. Das nordirische Regierungsbündnis zerbrach im Jänner nach dem Rücktritt des stellvertretenden Regierungschefs Martin McGuinness. Der frühere irische Regierungschef Enda Kenny warnte, ein Zusammengehen von Mays Tories mit der DUP gefährde den Friedensprozess in Nordirland.
Alice Ritchie