Das Bild, das Bundeskanzler Christian Kern (SPÖ) am Donnerstag in den Vereinigten Arabischen Emiraten (VAE) an Kronprinz Mohammed Bin Zayed Al Nahyan übergab, hatte sowohl historischen als auch symbolischen Wert. Es zeigt Bruno Kreisky im Jahr 1981 beim bisher letzten Besuch eines österreichischen Regierungschefs in dem Golfstaat. Das ist schon eine Weile her.
Daher wollte Kern in der seither "lange vernachlässigten Region" als Türöffner fungieren. "Zumindest einen Spalt", so das Vorhaben des Kanzlers und der Wirtschaftskammer Österreich (WKO), sollte Kern die Türen für österreichische Unternehmen in den VAE aufmachen, "der Rest sind dann zähe Verhandlungen".
Der Name Kreisky wurde von Kern bei seiner Reise nach Ägypten und in die VAE des Öfteren in den Mund genommen, war die ehemalige SPÖ-Ikone doch ein anerkannter Player in der Region. Allein "wie wir hier empfangen wurden" habe gezeigt, dass diese historischen Beziehungen noch nachwirkten, zeigte sich der Regierungschef überzeugt.
Eine Tradition also, an die Kern zumindest die wirtschaftlichen Beziehungen betreffend in den durch den Öl-Boom vergangener Jahrzehnte reich gewordenen Golf-Emiraten anschließen wollte. Um die gute Stimmung zu fördern, wurde der Kronprinz - ein begeisterter Skifahrer, der im Winter auch gerne in Österreich Station macht - mit einem Paar österreichischer Ski beglückt.
Die VAE - eine Föderation von sieben Emiraten im Südosten der Arabischen Halbinsel in Südwestasien mit derzeit rund neun Millionen Einwohnern - sind der größte Handelspartner für Österreich in der Golfregion mit Exporten in der Höhe von 640 Millionen Euro im Jahr 2016. Die wirtschaftliche Verflechtung zwischen den flächen- und einwohnerzahlmäßig gleich großen Staaten Österreich und VAE nimmt weiterhin zu. So stiegen die österreichischen Investitionen in den VAE um knapp 30 Prozent auf vier Mrd. Euro, umgekehrt jene der AVE in Österreich um fünf Prozent auf 4,7 Mrd. Euro.
Kern: Türkei stiftet Unruhe
Weiters stehen mit der OMV (24,9 Prozent) und dem Chemiekonzern Borealis (64 Prozent) wichtige Unternehmen im Teil-Eigentum der VAE. An den aktuellen Verhältnissen soll sich laut OMV-Chef Rainer Seele vorerst auch nichts ändern. Mit der staatseigenen Abu Dhabi National Oil Company (ADNOC) sei daher eine "Absichtserklärung" für eine Kooperation unterzeichnet worden.
Die OMV habe eine "hohe technologische Kompetenz im Raffinerie-Bereich", erklärte Seele anlässlich des Kern-Besuchs. Es gebe auch dank der Kooperation mit Borealis eine gute Verankerung zwischen Raffinerie und Petrochemie. "Das ist für die OMV eine große Chance. Als OMV sind wir sicher bereit, kräftig zu investieren." In der Gas- und Ölproduktion könne längerfristig intensiviert werden.
Ein Projekt von Borealis ist die nächste Ausbaustufe von Borouge, des Gemeinschaftsunternehmens von Borealis mit der Abu Dhabi National Oil Company (ADNOC) in den VAE. Borouge 4 wird vermutlich noch teurer werden als Borouge 3, laut Medienberichten werden die Kosten auf 2,5 Mrd. Dollar (2,3 Mrd. Euro) geschätzt. Man werde Borouge 4 entweder aus dem laufenden Cashflow aus Borouge heraus finanzieren oder z.B. mit Anleihen.
Derzeit sei man aber erst in der Planungsphase, "man kann grob schätzen, dass das vielleicht 2022 oder 2023 kommt", hieß es bereits vor einigen Wochen. Am Donnerstag erklärte Borealis-Chef Mark Garrett in Abu Dhabi, dass die bestehenden Verträge an Ort und Stelle bis 2058 verlängert worden seien. "Das sind neun Milliarden Investition", schwärmte Garret, und summa summarum über die Jahre "Verträge im Wert von fast 50 Milliarden".
Die Regierung in Abu Dhabi verfolgt laut WKO neben dem Ausbau der Erdölförderung auf 3,0 Mio. Barrel pro Tag bis 2020 unter Einbindung europäischer und US-amerikanischer Konzerne ein ehrgeiziges Entwicklungsprogramm. Auch die OMV engagiert sich verstärkt und baut gerade ihren Sitz für die gesamte MENA-Region in Abu Dhabi massiv aus.
Politisch sei bei den Gesprächen insbesondere auch die Rolle der Türkei zur Sprache gekommen, berichtete Bundeskanzler Kern, der am Nachmittag noch mit Ministerpräsident Mohammed bin Rashid Al Maktoum zusammentraf. Diese werde in den VAE und der Region überhaupt als "Unruhe stiftender Faktor" wahrgenommen. Österreich, scherzte der Kanzler jedoch, brauche sich da ohnehin "nicht weiter engagieren". Eine Anspielung auf Österreichs auch EU-intern exponierte - weil äußerst kritische - Haltung gegenüber dem türkischen Präsidenten Recep Tayyip Erdogan.