Überschattet von großen Differenzen haben die Staats- und Regierungschefs der großen Industriestaaten (G-7) am Freitag in Taormina auf Sizilien mit ihren Beratungen begonnen. Bereits vor dem G-7-Gipfel in dem Mittelmeerort zeichneten sich Konflikte vor allem in der Handels-, Klima- sowie Flüchtlingspolitik ab. Hintergrund ist vor allem der Kurs von US-Präsident Donald Trump.

Trump nimmt erstmals an einem G-7-Gipfel teil. EU-Ratspräsident Donald Tusk sprach von einem der schwierigsten Treffen überhaupt. "Es besteht kein Zweifel daran, dass dies der schwierigste G-7-Gipfel seit Jahren sein wird." Es sei kein Geheimnis, dass einige der Teilnehmer "sehr unterschiedliche Positionen" zu Themen wie Klimawandel und Handel" hätten.

Neu in der G-7-Runde sind auch der französische Präsident Emmanuel Macron, die britische Premierministerin Theresa May sowie der italienische Ministerpräsident Paolo Gentiloni. May wollte den Gipfel wegen der Terrorgefahr in Großbritannien vorzeitig verlassen. Zur G-7-Gruppe gehören die USA, Japan, Deutschland, Frankreich, Großbritannien, Italien sowie Kanada.

Auf dem Weg zum Familienfoto
Auf dem Weg zum Familienfoto © APA/AFP/MANDEL NGAN

Unterdessen brachten sich auch Gipfelgegner in Stellung. Zu der größten Demonstration werden am Samstagnachmittag in dem Ort Giardini Naxos südlich vom Tagungsort in Taormina mehr als 3.000 Teilnehmer erwartet. "Wir sprechen über das, was beim Gipfel nicht zur Sprache kommt - Menschenrechte zum Beispiel", sagte Gianmarco Catalano vom Organisationskomitee der Proteste "No G-7" am Freitag. Es solle ein friedlicher Protest werden. "Es geht hier nicht um Gewalt." Beim anstehenden G-20-Gipfel in Hamburg Anfang Juli werden wesentlich mehr Demonstranten erwartet.

Aus Angst vor Randale wurden Geschäfte und Restaurants in Giardini Naxos dennoch schon am Freitag verbarrikadiert. "Wir wurden angewiesen alles zu schließen und Stühle, Tische und Schirme wegzuräumen", sagte Antonio Pugliese, der eine Bar an der Demonstrationsstrecke betreibt. "Wir hoffen, es bleibt friedlich. Aber man kann ja nie wissen."

Weder in der Klima- und Handelspolitik noch bei der Bewältigung der Flüchtlingskrise zeichnete sich gemeinsame Linie der G-7-Spitzenvertreter ab. Befürchtet wird, dass sich die G-7 nur auf den kleinsten gemeinsamen Nenner verständigen können - oder die Abschlusserklärung sogar hinter bisherige Vereinbarungen zurückfällt. Verantwortlich gemacht wird dafür vor allem die Blockadepolitik der US-Regierung unter Trump. Auch bei seinem ersten Treffen mit der EU-Spitze waren am Donnerstag in Brüssel die unterschiedlichen Ansichten zu Klimawandel, Handelspolitik und Russland deutlich zutage getreten.

Donald Tusk
Donald Tusk © AP

Wegen Trumps Widerstand und auch Differenzen mit anderen G-7-Staaten musste Gastgeber Italien heftige Abstriche an seiner Agenda machen. Der Wunsch, eine positive Erklärung zur Migration und den Chancen der Mobilität von Menschen zu verabschieden, stieß auf den Widerstand der neuen US-Regierung, wie informierte Kreise berichteten. Trump betone allein Sicherheitsbedenken.

Von einer ursprünglich geplanten Ernährungsinitiative war gar nicht mehr die Rede, da nur Italien neue Finanzzusagen machen wollte. Entwicklungsorganisationen drängten die G-7-Staaten, zumindest im Kampf gegen die akuten Hungersnöte ihre Zusagen zu erfüllen. Die Staats- und Regierungschefs sollten in Taormina mehr Geld für einen UNO-Appell von 6,9 Milliarden US-Dollar bereitstellen, für den bisher nur Zusagen in Höhe von 30 Prozent vorlagen.

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In der Unsicherheit über die Klimapolitik der USA warnten Aktivisten davor, das Pariser Klimaabkommen "von innen aushöhlen" zu lassen. Nachdem Trump eine Entscheidung über einen Ausstieg bis nach dem Gipfel verschoben hatte, müssten die anderen jetzt Tempo machen, sagte Christoph Bals von Germanwatch der Deutschen Presse-Agentur.

Trudeau und Macron: Man beachte Justin Trudeaus Ringelsocken
Trudeau und Macron: Man beachte Justin Trudeaus Ringelsocken © APA/AFP/POOL/STEPHANE DE SAKUTIN

Für einen schnellen Schutz des Klimas demonstrierten 26 Greenpeace-Aktivisten am Freitag zum Auftakt des G-7-Gipfels mit einer rund vier Meter hohen Freiheitsstatue. Im Meer in der Nähe des Tagungsortes Taormina auf Sizilien steh die Statue im Wasser und ist mit einer Schwimmweste bekleidet. Die Umweltschützer fordern laut einer Aussendung von G-7-Führern, das Klimaabkommen von Paris zügig umzusetzen.

Regierungsunabhängige Organisationen warnten die G-7 vor Rückschritten in der Klima-, Handels- und Entwicklungspolitik. Es war von einem "Tiefpunkt" der G-7-Gruppe die Rede. Auch wurde vor einem "Reinfall" des Gipfels gewarnt. Scharfe Kritik erntete Trump, der alle Hinweise der Gruppe auf multilaterales Handeln ablehne, was ein gemeinsames Vorgehen erschwere und den bisherigen Konsens infrage stelle.

"Es kann zu einem Szenario mit dem "Gesetz des Dschungels" führen, in dem die Ärmsten und die Verletzlichsten am meisten verlieren", sagte Serena Carta von "Global Call to Action Against Poverty" (GCAP). Mit den Wahlen in Großbritannien und später auch in Deutschland sowie den vier Neulingen in der G-7-Runde müsse das Treffen in Taormina als "Übergangsgipfel" gelten. Das dürfe aber nicht als Entschuldigung benutzt werden, sich vor Verantwortung zu drücken.

Seitengespräche: Macron und Trudeau
Seitengespräche: Macron und Trudeau © APA/AFP/POOL/STEPHANE DE SAKUTIN

Die Sicherheitsvorkehrungen beim Gipfel sind enorm, Taormina gleicht einer Festung: 7.000 Polizisten und Soldaten sind im Einsatz, auf den Dächern der 11.000-Einwohner-Stadt lauern Scharfschützen und durch die Luft schwirren Drohnen.

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Auch in Taormina mit: Melania Trump
Auch in Taormina mit: Melania Trump © AP
Und auch sie ist mit in Taormina: Brigitte Trogneux, Emmanuel Macrons Ehefrau
Und auch sie ist mit in Taormina: Brigitte Trogneux, Emmanuel Macrons Ehefrau © APA/AFP/FILIPPO MONTEFORTE