Bundespräsident Alexander Van der Bellen hat am heutigen Mittwoch seine Antrittstour durch Österreichs Nachbarstaaten mit einem Besuch in Slowenien fortgesetzt. Der slowenische Staatspräsident Borut Pahor empfing Van der Bellen am Vormittag mit militärischen Ehren auf dem Kongressplatz im Zentrum Ljubljanas. Im Mittelpunkt der Gespräche dürften die EU und die Flüchtlingsfrage stehen.
Pahor bereitete seinem österreichischen Amtskollegen einen betont herzlichen Empfang. Neben der Militärkapelle war nämlich eine Gruppe von Kindergartenkindern auf den Kongressplatz gekommen, die slowenische, österreichische und europäische Fähnchen schwangen. Ein besonderes Zeichen der gutnachbarschaftlichen Beziehungen setzte auch der Kärntner Landeshauptmann Peter Kaiser (SPÖ), der aus Klagenfurt angereist war, um Van der Bellen bei der Slowenien-Visite zu begleiten.
Nach der Schweiz, Deutschland, der Slowakei und Italien ist Slowenien das fünfte Nachbarland, das Van der Bellen besucht. In den nächsten Wochen sollen noch Tschechien und Ungarn folgen. Die bilateralen Beziehungen zwischen Wien und Ljubljana sind traditionell eng, anders als andere mittelosteuropäische Staaten ist Slowenien kein Hardliner in der Flüchtlingspolitik. Das südliche Nachbarland ist aber verärgert, dass Österreich die in der Flüchtlingskrise verhängten Grenzkontrollen immer noch aufrechterhält und klagt über Behinderungen für slowenische Unternehmer.
Pahor und Van der Bellen dürften sich bemühen, die Wogen in dieser Frage zu glätten. Nach einem Gespräch im Präsidentenpalast wollten sie gegen 10.30 Uhr vor die Presse treten. Europapolitisch sind die beiden einer Meinung. So wollen sie zu Mittag an der Universität Ljubljana gemeinsam zum Thema "Zukunft Europas" sprechen. Pahor, der sich für eine neue EU-Verfassung stark macht, war im Jänner der erste Präsident gewesen, der Van der Bellen nach dessen Wahlsieg in Wien besucht hatte.
Der Bundespräsident wollte in Ljubljana auch mit Parlamentspräsident Milan Brglez und Ministerpräsident Miro Cerar zusammentreffen. Dem slowenischen Regierungschef war Van der Bellen bereits am Dienstagabend bei einem Spaziergang durch die Innenstadt über den Weg gelaufen. Sie begegneten einander auf den Drei Brücken (Tromostovje) über die Ljubljanica, wo Cerar gerade seinem estnischen Amtskollegen Jüri Ratas die Stadt zeigte. "Slowenien verbindet drei Länder auf den Drei Brücken", twitterte Cerar.
Pahor und Van der Bellen besuchen am Mittwochnachmittag in Ljubljana auch ein bilaterales Wirtschaftsforum, zu dem Wirtschaftskammerpräsident Christoph Leitl anreisen wird. Die Wirtschaftsbeziehungen zwischen Österreich und Slowenien sind traditionell eng. Slowenien ist seit Jahren pro Kopf größter Abnehmer slowenischer Waren. Im Vorjahr betrug das Handelsvolumen nach Angaben des slowenischen Statistikamts 4,7 Milliarden Euro, mit einem deutlichen Handelsbilanzüberschuss für Österreich (Exportvolumen 2,7 Milliarden Euro).
Wirtschaftlich hat sich Slowenien in den vergangenen Jahren erholt, nachdem es infolge der Finanzkrise an den Rand der Zahlungsunfähigkeit geraten war. Wegen fauler Kredite bei staatseigenen Banken in Milliardenhöhe musste das Land im Jahr 2013 unter internationalem Druck einem harten Sparkurs zustimmen, die lockere Zinspolitik der EZB bannte in der Folge die Gefahr einer Zahlungsunfähigkeit.
Für Friktionen in den bilateralen Wirtschaftsbeziehungen sorgen die österreichischen Maßnahmen gegen Lohn-und Sozialdumping. Slowenische Unternehmer klagen über Schikanen gegenüber von ihnen entsandten Mitarbeitern in Österreich. Die Arbeitsmigration aus Slowenien nach Österreich hat wegen der Wirtschaftskrise zugenommen. Ein Zeichen dafür ist, dass es seit dem Vorjahr an den Schulen in Wien genügend Anmeldungen für muttersprachlichen Unterricht in slowenischer Sprache gibt.
Festakt mit Symbolkraft
Der Besuch einer Bildungseinrichtung bildet am Mittwochabend auch den symbolischen Abschluss des Präsidentenbesuchs. Van der Bellen und Pahor reisen am Mittwochabend gemeinsam nach Klagenfurt, um dort am Festakt zum 60. Jahrestag des Bundesgymnasiums für Slowenen teilzunehmen. Mit Minderheitenpolitik hatte Van der Bellen am gestrigen Dienstag seinen Slowenien-Besuch auch begonnen: In Maribor (Marburg) traf er - vor dem offiziellen Beginn der Visite - mit Vertretern der deutschsprachigen Volksgruppe in Slowenien zusammen.
Van der Bellen hätte Slowenien schon im vergangenen Juni besuchen sollen, doch machte ihm damals die Wahlanfechtung seines Gegenkandidaten Norbert Hofer (FPÖ) einen Strich durch die Rechnung. Der amtierende Bundespräsident Heinz Fischer wollte Van der Bellen am 24. Juni 2016 zu den Feiern anlässlich des 25. Unabhängigkeitstages Sloweniens nach Ljubljana mitnehmen. Van der Bellen verzichtete auf die Reise, um der Entscheidung des Verfassungsgerichtshofs zur FPÖ-Wahlanfechtung nicht vorzugreifen.