Der Antritt des neuen südkoreanischen Präsidenten Moon Jae-in von wenigen Tagen war im Blick auf den Konflikt mit Nordkorea mit hohen Erwartungen verknüpft. Er will wieder stärker auf Pjöngjang zugehen. Doch ein neuer Raketentest zeigt, wie schwierig die Umsetzung seiner Pläne werden kann.

Mit seinem neuen Raketentest fordert Nordkorea nicht nur die USA erneut heraus, sondern stößt auch die neue Regierung im Nachbarland Südkorea vor den Kopf. Dort trat der neue Präsident Moon Jae-in am vergangenen Mittwoch mit dem Willen an, wieder stärker den Dialog mit der kommunistischen Führung in Pjöngjang zu suchen. Er zeigte sich auch zu einem Treffen mit Nordkoreas Machthaber Kim Jong-un bereit, allerdings unter dem Vorbehalt, dass die Umstände passen müssten.

Denn zwischen beiden koreanischen Staaten herrscht derzeit Funkstille, unter Moons Vorgängerin Park Geun-hye wurde im vergangenen Jahr nach neuen Atom- und Raketentests durch Nordkorea auch das letzte große wirtschaftliche Kooperationsprojekt - ein gemeinsam betriebener grenznaher Fabrikpark in Kaesong - geschlossen. Das will Moon wenn möglich rückgängig machen.

Doch der Raketentest am Sonntag wirft den ersten Schatten auf den geplanten "Sonnenschein"-Kurs und gefährdet potenziell die Ziele des neuen Präsidenten. Moon will an die Annäherungspolitik der früheren liberalen Präsidenten Kim Dae-jung und Roh Moo-hyun anknüpfen, die auf wirtschaftliche und diplomatische Anreize setzten, um Nordkorea unter Kontrolle zu halten.

Südkoreas Regierung reagierte daher jetzt auf den Raketentest besonders enttäuscht. Man betone, dass Nordkorea "diese Provokation kurz nach dem Antritt der neuen Regierung unternommen" habe, erklärte das Außenministerium. Moon warnte den Nachbarn vor weiteren Provokationen, will aber prinzipiell die Tür zu Gesprächen offenhalten. Südkorea solle aber "zeigen, dass ein Dialog nur in dem Fall möglich ist, wenn Nordkorea seine Haltung ändert".

Der Test stellt eine Verletzung von UNO-Resolutionen dar, die Nordkorea Versuche mit ballistischen Raketen verbieten. Dabei handelt es sich in der Regel um Boden-Boden-Raketen, die je nach Bauart konventionelle, biologische, chemische oder sogar atomare Sprengköpfe befördern können.

Die Tür zu einem Dialog könnte sich aus Sicht Seouls vollständig schließen, wenn Nordkorea eine Interkontinentalrakete testet oder einen weiteren Atomversuch unternimmt. Damit wäre eine neue Eskalationsstufe im Konflikt um Nordkoreas Atomstreit erreicht.

Die USA befürchten, dass Nordkorea in der Entwicklung von Atomwaffen weiter ist als bisher angenommen und eines Tages eine nordkoreanische Atomrakete amerikanisches Festland erreichen könnte. US-Präsident Donald Trump droht mit Alleingängen gegen Nordkorea und schließt auch militärische Erstschläge nicht aus.

Die Militärs in Südkorea und den USA werden jetzt sorgfältig analysieren, welche Rakete Nordkorea am Sonntag getestet hat, die nach einem Flug von etwa 700 Kilometern ins Japanische Meer (koreanisch: Ostmeer) stürzte. In Japan hieß es, es könnte sich um einen neuen Raketentyp gehandelt haben.

Die jetzige Rakete könnte den Angaben zufolge bis zu 2000 Kilometer Höhe erreicht haben und 30 Minuten lang geflogen sein. "Falls diese Rakete auf einer normalen Flugbahn gewesen wäre, hätte sie eine maximale Reichweite von etwa 4500 Kilometern", schreibt der US-Physiker David Wright von der Vereinigung besorgter Wissenschafter (Union of Concerned Scientists) in seinem Blog. Die Reichweite wäre damit bedeutend größer als die der nordkoreanischen Mittelstreckenraketen des Typs Musudan, die bei Tests im vergangenen Jahr eine Reichweite von 3000 Kilometern gezeigt haben.

Der Raketentest ist erneut ein Affront für Nordkoreas traditionellen Verbündeten China, der unter anderem die USA gemahnt hatte, nur auf strengere Sanktionen gegen Pjöngjang zu setzen. Peking mahnt regelmäßig einen politisch-diplomatischen Weg an, vorzugsweise in einem multilateralen Rahmen.

Doch Nordkorea scheint den Zeitpunkt des Raketentests jetzt bewusst gewählt zu haben. Zum Auftakt des zweitägigen Gipfels in Peking über die Entwicklung neuer Wirtschaftskorridore zwischen Asien, Afrika und Europa sorgte der Raketentest für große Irritationen. Es demonstriert damit, dass es sich auch wachsendem Druck nicht beugen will.

Die NATO hat den neuerlichen Raketentest verurteilt. Es handle sich um eine "krasse Verletzung einer Serie von Resolutionen des UNO-Sicherheitsrats", erklärte NATO-Sprecherin Oana Lungescu. Der Raketentest sei "eine Bedrohung für den internationalen Frieden". Ähnlich hatte sich zuvor die EU geäußert."Dies ist eine Zeit, in der Deeskalation und nicht Provokation benötigt wird", erklärte die NATO-Sprecherin.