Nach der Entlassung von FBI-Chef James Comey durch US-Präsident Donald Trump gerät das Weiße Haus immer mehr in Erklärungsnot. Trump sieht sich massiven Vorwürfen ausgesetzt, er habe mit dem Schritt die Ermittlungen zu einer russischen Beeinflussung der US-Wahl 2016 begraben wollen. Der Präsident wies das zurück.
Sein Umfeld war bemüht, eine andere Lesart zu verbreiten. Trump habe seit Monaten kein Vertrauen mehr in Comey gehabt, erklärte Sprecherin Sarah Sanders. Er habe außerdem schon seit dem ersten Tag nach seiner Wahl erwogen, den FBI-Chef zu feuern. Trump selbst begründete die Entlassung damit, dass Comey keinen "guten Job" gemacht habe. Der Geschasste bedankte sich in einem Brief bei seinen Mitarbeitern.
Ermittlungen zur Russland-Affäre
Der Präsident hatte den FBI-Chef (56) am Dienstagabend überraschend gefeuert. Comeys Behörde ermittelt wegen möglicher Kontakte zwischen Mitgliedern von Trumps Wahlkampfteam und Vertretern Russlands - eine Affäre, die Trumps Präsidentschaft schwer belastet. Comey galt wegen der Untersuchung eigentlich als unantastbar, hat sich in Washington aber auch viele Gegner auf beiden Seiten geschaffen. Er war erst drei Jahre im Amt. Die Amtszeit eines FBI-Chefs beträgt üblicherweise zehn Jahre.
Comey schrieb an seine Mitarbeiter, er sei sich immer bewusst gewesen, dass ein Präsident einen FBI-Direktor aus jeglichem Grund feuern könne. "Ich werde keine Zeit damit verbringen, über die Entscheidung oder die Art, wie sie ausgeführt wurde, nachzudenken", heißt es in dem Brief weiter, den US-Medien am Mittwochabend veröffentlichten. "Ich hoffe, ihr werdet das auch nicht tun. Es ist passiert und ich werde damit klarkommen." Es falle ihm schwer, das FBI zu verlassen. Das liege an den Mitarbeitern.
Clinton-Mails
Das Weiße Haus begründete die Entlassung vor allem mit Comeys Verhalten in der E-Mail-Affäre Hillary Clintons. Von dieser hatte der Wahlkämpfer Trump 2016 allerdings sehr profitiert. In der ersten Erklärung der Regierung hieß es am Dienstagabend, Trump habe auf klare Empfehlungen des Justizministers Jeff Sessions und seines Stellvertreters Rod Rosensteins gehandelt.
Trumps Sprecherin Sanders sagte am Mittwoch, Comey habe im Fall von Clintons E-Mails die Befehlskette des Justizministeriums umgangen und eigenhändig gehandelt. Niemand dürfe das. Die entsprechende Pressekonferenz Comeys, auf die Sanders sich bezieht, liegt zehn Monate zurück.
Sanders erklärte auch, Sessions und sein Vize hätten von sich aus gehandelt und Trump ihre Schreiben vorgelegt, die Comeys Fehler auflisten. Die demokratische Senatorin Dianne Feinstein hatte Trump dagegen mit den Worten zitiert, er habe Sessions und Rosenstein gebeten, sich die das FBI betreffenden "Missstände" anzusehen.
Belastetes Verhältnis
Comey hatte rund um die US-Wahl 2016 eine herausragende Rolle gespielt. Erst vor wenigen Tagen verteidigte er seine umstrittene Entscheidung, kurz vor der Wahl im November 2016 neue Entwicklungen in der E-Mail-Affäre um Hillary Clinton öffentlich gemacht zu haben. Trump hatte ihn wiederholt gelobt. Allerdings stieß sich der Präsident sehr an Comeys öffentlicher Weigerung, seine Abhörvorwürfe an die Adresse Barack Obamas zu unterstützen. Das Verhältnis galt seither als belastet.
Nach Informationen der "New York Times" bat Comey wenige Tage vor seiner Entlassung in einem Treffen mit Vize-Justizminister Rosenstein um deutlich mehr Geld und Personal für die Russland-Ermittlungen. Eine Sprecherin des Justizministeriums wies das bei "Politico" als unwahr zurück.
Die Entlassung stieß auf heftige Kritik der oppositionellen Demokraten, aber auch einiger republikanischer Politiker. Demokratische Abgeordnete und Senatoren sehen die Russland-Ermittlung des FBI als wahren Grund hinter der Maßnahme. Fraktionschef Charles Schumer und andere erneuerten ihre Forderung nach einem unabhängigen Sonderermittler zu Russland. Die Republikaner im US-Senat lehnten das ab.
Vor dem Weißen Haus protestierten am Mittwoch mehrere hundert Menschen gegen die Entlassung des FBI-Chefs. Sie verlangten eine unabhängige Untersuchung des Falls.